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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
9C_663/2023  
 
 
Urteil vom 24. Juni 2024  
 
III. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Parrino, Präsident, 
Bundesrichter Stadelmann, Beusch, 
Gerichtsschreiber Williner. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________ AG, 
vertreten durch Fürsprecher Dr. Thomas Müller, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
1. Aquilana Versicherungen, 
Bruggerstrasse 46, 5401 Baden, 
2. Assura-Basis SA, 
Avenue C-F. Ramuz 70, 1009 Pully, 
3. Atupri Gesundheitsversicherung, 
Zieglerstrasse 29, 3000 Bern, 
4. Avenir Assurance Maladie SA, 
Rue des Cèdres 5, 1920 Martigny, 
5. CONCORDIA Schweiz, Kranken- und 
Unfallversicherung AG, 
Bundesplatz 15, 6002 Luzern, 
6. CSS Kranken-Versicherung AG, 
Recht & Compliance, Tribschenstrasse 21, 
6005 Luzern, 
7. Easy Sana Assurance Maladie SA, 
Rue des Cèdres 5, 1920 Martigny, 
8. EGK Grundversicherungen AG, 
Birspark 1, 4242 Laufen, 
 
9. Genossenschaft Krankenkasse SLKK, 
Hofwiesenstrasse 370, 8050 Zürich, 
10. Genossenschaft Krankenkasse Steffisburg, 
Unterdorfstrasse 37, 3612 Steffisburg, 
11. Kolping Krankenkasse AG, 
Peter Merian-Weg 4, 4002 Basel, 
12. KPT Krankenkasse AG, 
Wankdorfallee 3, 3014 Bern, 
13. Krankenkasse Luzerner Hinterland, 
Luzernstrasse 19, 6144 Zell LU, 
14. Moove Sympany AG, 
Peter Merian-Weg 4, 4002 Basel, 
15. Mutuel Assurance Maladie SA, 
Rue des Cèdres 5, 1920 Martigny, 
16. ÖKK Kranken- und Unfallversicherungen AG, 
Bahnhofstrasse 13, 7302 Landquart, 
17. Philos Assurance Maladie SA, 
Rue des Cèdres 5, 1920 Martigny, 
18. sana24 AG, 
Weltpoststrasse 19, 3015 Bern, 
19. sodalis gesundheitsgruppe, 
Balfrinstrasse 15, 3930 Visp, 
20. Sumiswalder Krankenkasse, 
Spitalstrasse 47, 3454 Sumiswald, 
21. SUPRA-1846 SA, 
Avenue de la Rasude 8, 1006, Lausanne, 
22. SWICA Krankenversicherung AG, 
Römerstrasse 38, 8401 Winterthur, 
23. Visana AG, 
Weltpoststrasse 19, 3015 Bern, 
24. vivacare AG, 
Weltpoststrasse 19, 3015 Bern, 
25. Vivao Sympany AG, 
Peter Merian-Weg 4, 4052 Basel, 
alle handelnd durch tarifsuisse ag, 
vertreten durch Rechtsanwalt Andreas Miescher, 
Beschwerdegegnerinnen. 
 
Gegenstand 
Krankenversicherung, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Schiedsgerichts in Sozialversicherungsstreitigkeiten des Kantons Bern vom 6. September 2023 (200 22 67). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Nach Durchführung des Vermittlungsverfahrens und Erteilung der Klagebewilligung (Urteil des Vorsitzenden des Schiedsgerichts in Sozialversicherungsstreitigkeiten des Kantons Bern [nachfolgend: Schiedsgericht] vom 4. November 2021) erhoben mehrere Krankenversicherer am 26. Januar 2022 Klage gegen die A.________ AG und beantragten, diese sei zur Zahlung von mindestens Fr. 1'144'231.26 für im Zeitraum ab dem 1. Januar 2016 zu viel abgerechneter Dringlichkeits-Inkonvenienzpauschalen F (TARMED-Tarifposition 00.2505) zu verpflichten. 
 
B.  
Mit Urteil vom 6. September 2023 hiess das Schiedsgericht die Klage teilweise gut und verurteilte die A.________ AG zur Rückzahlung von Fr. 1'040'377.56. 
 
C.  
Die A.________ AG führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten und beantragt, sie sei zu verurteilen, den Beschwerdegegnerinnen in teilweiser Gutheissung der Klage den Betrag von Fr. 211'329.95 zurückzuzahlen; soweit weitergehend sei die Klage abzuweisen. 
Die Krankenversicherer beantragen die Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten sei, das Bundesamt für Gesundheit (BAG) schliesst auf deren Abweisung. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann eine Rechtsverletzung nach Art. 95 f. BGG gerügt werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Dennoch prüft es - offensichtliche Fehler vorbehalten - nur die in seinem Verfahren gerügten Rechtsmängel (Art. 42 Abs. 1 f. BGG; BGE 145 V 57 E. 4.2). Es legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann ihre Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Verfahrensausgang entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1, Art. 105 Abs. 2 BGG). 
 
2.  
 
2.1. Das Schiedsgericht hat die gesetzlichen Bestimmungen und die Grundsätze über die Leistungspflicht der obligatorischen Krankenpflegeversicherung (Art. 24 ff. KVG), zum Tarifschutz (Art. 44 Abs. 1 Satz 1 KVG) sowie zur Pflicht der obligatorischen Krankenpflegeversicherer, zu Unrecht bezogene Leistungen zurückzufordern (Art. 56 Abs. 2 KVG), zutreffend dargelegt. Darauf wird verwiesen.  
 
2.2. Zu ergänzen bzw. zu wiederholen ist, was folgt:  
 
2.2.1. Im Rahmen der - von der Wirtschaftlichkeitskontrolle zu unterscheidenden - Rechnungskontrolle überprüfen die Krankenversicherer die Honorarrechnungen der Leistungserbringer auf ihre Korrektheit, namentlich betreffend die Einhaltung von Tarifregeln sowie besonderer Leistungseinschränkungen. Mit Verstössen gegen solche Vorgaben kann indessen das erforderliche Mass an Leistungen ebenfalls überschritten werden (Urteil 9C_201/2023 vom 3. April 2024 E. 3.1 mit Hinweisen, zur Publikation vorgesehen).  
 
2.2.2. Nach Art. 25 Abs. 2 ATSG (in der seit dem 1. Januar 2021 in Kraft stehenden Fassung) in Verbindung mit Art. 56 Abs. 2 KVG (vgl. BGE 133 V 579 E. 4.1) erlischt der Rückforderungsanspruch mit Ablauf von drei Jahren (nach Art. 25 Abs. 2 ATSG in der bis Ende 2020 geltenden Fassung: von einem Jahr), nachdem die Versicherungseinrichtung davon Kenntnis erhalten hat, spätestens aber mit Ablauf von fünf Jahren nach der Entrichtung der einzelnen Leistung. Bei den genannten Fristen handelt es sich um Verwirkungsfristen (BGE 140 V 521 E. 2.1 mit Hinweisen).  
Beruht die unrechtmässige Leistungsausrichtung auf einem Fehler der Verwaltung, so beginnt die relative Verwirkungsfrist erst beim sogenannten "zweiten Anlass". Hingegen ist bereits die zumutbare Kenntnisnahme fristauslösend, wenn sich die Unrechtmässigkeit der Leistungserbringung direkt aus den Akten ergibt, mithin hinsichtlich des Rückforderungstatbestandes kein Abklärungsbedarf (mehr) besteht. Ob respektive inwieweit die Rückforderung verwirkt ist, stellt eine vom Bundesgericht frei überprüfbare Rechtsfrage dar (BGE 148 V 217 E. 2.2 und 5 mit Hinweisen). 
 
3.  
 
3.1. Streitig und zu prüfen ist, ob der Rückforderungsanspruch der Beschwerdegegnerinnen im Zeitpunkt der Geltendmachung teilweise verwirkt war. Uneinigkeit besteht insbesondere bezüglich der Frage, wann die einjährige (nach Art. 25 Abs. 2 ATSG in der bis Ende 2020 geltenden Fassung) respektive dreijährige (nach Art. 25 Abs. 2 ATSG in der seit dem 1. Januar 2021 in Kraft stehenden Fassung) Verwirkungsfrist einsetzte.  
 
3.2. Das Schiedsgericht schloss, die Abrechnung der Dringlichkeits-Inkonvenienzpauschale F (TARMED-Tarifposition 00.2505) vom 1. Januar 2016 bis zum 28. Februar 2021 sei unzulässig gewesen, weil die dem Geschäftsmodell der Beschwerdeführerin entsprechenden Öffnungszeiten reguläre Sprechstundenzeiten dargestellt und die spezifischen Zeiten der Tarifposition vollständig abgedeckt hätten. Das Schiedsgericht stellte fest, die Beschwerdegegnerinnen hätten die Problematik der unzulässigen Abrechnungen im Juli 2020 erkannt und die Grundlagen für die Rückforderungskalkulation am 8. März 2021 (betreffend den Zeitraum vom 1. Januar 2016 bis zum 31. Dezember 2020) beziehungsweise am 4. Mai 2021 (betreffend den Zeitraum vom 1. Januar bis zum 28. Februar 2021) erhalten. Ab diesen Daten hätten sie hinreichend Kenntnis über den Fehler gehabt und es sei der sogenannte zweite Anlass eingetreten, der nach einer unrechtmässigen Leistungsausrichtung den Lauf der relativen Verjährungsfrist auslöse. Diese habe somit im März beziehungsweise im Mai 2021 - auf jeden Fall nicht vor Juli 2020 - zu laufen begonnen und sei mit der Einreichung des Gesuchs zur Durchführung einer Vermittlungsverhandlung am 11. Mai 2021 nach altem wie neuem Recht gewahrt. Nur beschränkt eingehalten sei indessen die absolute fünfjährige Verwirkungsfrist, für welche die Auszahlung der Leistung massgebend sei. Konkret seien die mehr als fünf Jahre vor dem eingereichten Schlichtungsgesuch als Dringlichkeits-Inkonvenienzpauschale F ausbezahlten Leistungen verwirkt. Weil gemäss Angaben der Beschwerdegegnerinnen nur die Monatsdaten der ausbezahlten Vergütungen gesammelt würden, sei zu Gunsten der Beschwerdeführerin von einer Verwirkung der Leistungen bis Ende Mai 2016 auszugehen. Der geltend gemachte Rückforderungsbetrag sei somit im Umfang von Fr. 1'040'377.56 weder relativ noch absolut verwirkt.  
 
 
4.  
Insofern die Beschwerdeführerin zumindest sinngemäss eine Verletzung ihres Gehörsanspruches geltend macht mit der Rüge, dem angefochtenen Urteil lasse sich nicht entnehmen, weshalb die Beschwerdegegnerinnen die Problematik der zu viel abgerechneten Dringlichkeits-Inkonvenienzpauschalen F erst im Juli 2020 hätten erkennen können, kann ihr nicht gefolgt werden. Das Schiedsgericht begründete insbesondere mit Verweis auf die Massenverwaltung sowie auf beschränkte, erst im Verlauf der Zeit geschaffene technische Möglichkeiten, weshalb die Beschwerdegegnerinnen die unzulässige Abrechnungspraxis nicht früher hätten erkennen können. Eine Verletzung der Begründungspflicht liegt damit nicht vor, zumal die Beschwerdeführerin auch nicht geltend macht, sie habe das Urteil vom 6. September 2023 nicht sachgerecht anfechten können (vgl. BGE 149 V 156 E. 6.1 mit Hinweisen). 
 
5.  
Vor Bundesgericht anerkennt die Beschwerdeführerin explizit die Unzulässigkeit ihrer Abrechnungspraxis betreffend die Dringlichkeits-Inkonvenienzpauschale F (TARMED-Tarifposition 00.2505; vgl. zum Ganzen auch Urteil 9C_33/2024 vom 24. Juni 2024); Weiterungen dazu erübrigen sich (zur Rügepflicht vgl. E. 1). 
Die Beschwerdeführerin bestreitet auch die vorinstanzlichen Feststellungen nicht, gemäss welchen sie für ausserhalb regulärer Öffnungszeiten erfolgte Behandlungen grundsätzlich zur Abrechnung der Dringlichkeits-Inkonvenienzpauschale F berechtigt ist, sie erst einige Jahre nach deren Einführung mit der Abrechnung begann und sie das Abrechnungsvolumen zwischen 2010 und 2013 auf den heutigen prozentualen Umfang ausbaute. Indessen stellt sie sich auf den Standpunkt, die Beschwerdegegnerinnen hätten aufgrund eingetretener Verwirkung lediglich die ab Januar 2020 ausbezahlten Leistungen zurückfordern dürfen. Zur Begründung führt sie aus, das Schiedsgericht habe den Sachverhalt offensichtlich unrichtig festgestellt, weil es verkannt habe, dass die Beschwerdegegnerinnen laut eigenen Ausführungen schon ab 2013 technisch imstande gewesen seien, Daten der Beschwerdeführerin "systematisch zu erfassen und in den Tarifpool zu liefern". Damit hätten sie gleichzeitig erkennen können, dass die TARMED-Tarifposition 00.2505 in sehr hoher Anzahl respektive sogar bei jeder dritten Konsultation in Rechnung gestellt worden sei. Nach Auffassung der Beschwerdeführerin wären die konstant überhöhten Abrechnungen "nach allgemeiner Lebenserfahrung" spätestens drei Jahre später, somit im Januar 2016, erkennbar gewesen. Unter Gewährung einer Frist für die notwendigen Nachfragen hätten die Beschwerdegegnerinnen spätestens sieben Monate später über die notwendigen Angaben für die Geltendmachung des Rückforderungsanspruchs verfügen müssen, weshalb der zweite Anlass im Juli 2016 eingetreten sei. 
 
5.1. Vorerst gilt es in Bezug auf den Einwand, die Beschwerdegegnerinnen hätten ab 2013 systematisch erfasste Daten in den Tarifpool liefern können, mit der Vorinstanz festzuhalten, dass die vorliegende Konstellation nicht mit den Fällen einer "Überarztung" vergleichbar ist. Dort können Arztpersonen mit auffälligen Kosten detektiert werden, indem gestützt auf den von der SASIS AG geführten Datenpool jeweils nach Abschluss der Statistik eines Rechnungsjahrs geprüft wird, ob eine Arztperson im Vergleich mit anderen Arztpersonen im gleichen Einzugsgebiet und mit etwa gleichem Krankengut im Durchschnitt erheblich mehr verrechnet, ohne dass sie Besonderheiten geltend machen könnte, die den Durchschnitt beeinflussen. In derlei Fällen ist das Erstellungsdatum der Statistik für die Einhaltung der relativen Verwirkungsfrist massgeblich (vgl. Urteil 9C_135/2022 vom 12. Dezember 2023 E. 2.2 und 4.1, zur Publikation vorgesehen).  
In der vorliegenden Konstellation ist demgegenüber eine einzelne Tarifposition des TARMED betroffen, die durch einen - zumindest soweit bekannt - statistisch insgesamt unauffälligen, grundsätzlich zur Abrechnung der Tarifposition berechtigten Leistungserbringer regelmässig unzulässig abgerechnet wurde. Inwiefern die gestützt auf den Datenpool der SASIS AG erstellte Statistik eines Rechnungsjahres mit ihrer Gesamtbetrachtung aller Kosten Verdachtsmomente für eine unzulässige Abrechnung der Dringlichkeits-Inkonvenienzpauschale F hätte liefern und die Beschwerdegegnerinnen zu weiteren Abklärungen hätte veranlassen können, ist weder ersichtlich noch in der Beschwerde näher ausgeführt. 
 
5.2. Wie die Beschwerdeführerin richtig einwendet, sind die Leistungserbringer gemäss Art. 42 Abs. 3 KVG verpflichtet, dem Schuldner detaillierte und verständliche Rechnungen zuzustellen und ihm alle Angaben zu machen, die er benötigt, um die Berechnung der Vergütung und die Wirtschaftlichkeit der Leistung überprüfen zu können. Der Beschwerdeführerin ist weiter darin beizupflichten, dass umgekehrt die Krankenversicherer eine Rechnungskontrolle durchzuführen haben. Diese ist von der Wirtschaftlichkeitskontrolle zu unterscheiden (vgl. E. 2.2.1 hievor). So geht es bei der Rechnungskontrolle vor allem darum, die Übereinstimmung der einzelnen Positionen der Honorarrechnung mit den tarifvertraglichen Vereinbarungen sowie den für bestimmte Therapien gesetzlich umschriebenen Vorgaben zu prüfen. Dabei kann die Rechnungskontrolle durchaus Elemente der Wirtschaftlichkeitsprüfung enthalten, so etwa, wenn die korrekte Tarifanwendung zur Diskussion steht (Urteil des Eidg. Versicherungsgerichts [EVG] K 124/03 vom 16. Juni 2004 E. 6.1.2 mit Hinweis auf Gebhard Eugster, Wirtschaftlichkeitskontrolle ambulanter ärztlicher Leistungen mit statistischen Methoden, Diss. Zürich 2003, S. 86, Rz. 211).  
 
5.2.1. Vorbemerkend gilt es betreffend die Rechnungskontrolle darauf hinzuweisen, dass die hier streitbetroffenen Abrechnungen nach einhelliger Auffassung weder Angaben zu den Öffnungszeiten der Beschwerdeführerin noch zu den konkreten Uhrzeiten der stattgefundenen Behandlungen enthielten. Folgerichtig macht die Beschwerdeführerin nicht geltend, die Möglichkeit einer Unrechtmässigkeit der Abrechnungspraxis und damit eines Rückforderungsanspruchs habe sich direkt aus den jeweiligen Abrechnungen ergeben (BGE 148 V 217 E. 5.2.1; zu den medizinischen Angaben, die eine Rechnung enthalten muss: vgl. Art. 59 Abs. 1 der Verordnung vom 27. Juni 1995 über die Krankenversicherung [KVV; SR 832.102] und Art. 11 Abs. 8 des nationalen Rahmenvertrags TARMED vom 5. Juni 2002).  
 
5.2.2. Das Schiedsgericht stellte fest, die Abwicklung der Rechnungsvergütung und -kontrolle durch die Krankenversicherer stelle ein Massengeschäft dar. Zur Konkretisierung dieser vor Bundesgericht unbestritten gebliebenen Feststellung sei ergänzt, dass ein grösserer Schweizer Krankenversicherer jährlich mehrere Millionen Rechnungsbelege (tausender Leistungserbringer) bearbeitet, wobei jede einzelne Rechnung eine Vielzahl verschiedener Tarifpositionen enthalten kann. Dass diese Masse nicht (mehr) manuell verarbeitet und schon gar nicht manuell kontrolliert werden kann, liegt auf der Hand (vgl. dazu auch BGE 148 V 217 E. 5.2.1). Einhergehend damit nimmt der automatisch verarbeitete Anteil an Abrechnungen seit Jahren kontinuierlich zu (vgl. LARISA PETROV, Zürcher Studien zum öffentlichen Recht, Weiterentwicklung der Wirtschaftlichkeitskontrolle nach KVG, 2024, S. 47 Rz. 92 ff.; SARAH BISCHOF, Datenschutz und Berufsgeheimnis im ambulanten Leistungsbereich, Schriften zum Sozialversicherungsrecht Bd. 38, 2020; S. 160 ff.).  
 
5.2.3. Das Schiedsgericht räumte durchaus ein, dass die Krankenversicherer ihre informatikunterstützten Erfassungs- und Kontrollmechanismen aufgrund der wachsenden Masse an Abrechnungen stetig weiterentwickelten. Diese Entwicklung ändert indessen nichts am Umstand, dass Kontrollpflichten der Krankenversicherer an Grenzen stossen können, wenn die notwendigen Ressourcen fehlen (vgl. DARIO PICECCHI, Das Wirtschaftlichkeitsgebot im Krankenversicherungsrecht, 2022, S. 197, Rz. 473). In diesem Zusammenhang gilt es zu beachten, dass der von Seiten der Krankenversicherer zu betreibende investigative Aufwand seinerseits verhältnismässig und damit wirtschaftlich sein muss (vgl. IOANNIS ATHANASOPOULOS, Zürcher Studien zum öffentlichen Recht, Fehlbare Leistungserbringer in der Krankenversicherung, 2013, S. 191, Rz. 399 ff.; Art. 19 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 26. September 2014 betreffend die Aufsicht über die soziale Krankenversicherung [Krankenversicherungsaufsichtsgesetz, KVAG; SR 832.12]).  
 
5.2.4. Mit Blick auf das Dargelegte kann der Beschwerdeführerin nicht gefolgt werden, wenn sie, unbesehen konkret vorhandener Kontrollmechanismen (vgl. dazu nachfolgend E. 5.3), von den Krankenversicherern pauschal eine umfassende Überprüfung aller Tarifposten in sämtlichen Abrechnungen fordert. Dies umso weniger, als nicht nur Krankenversicherer (unter Wahrung des Verhältnismässigkeitsprinzips) zur Kontrolle der eingereichten Abrechnungen und zur Wahrung des Wirtschaftlichkeitsgebots verpflichtet sind, sondern Art. 32 und 56 KVG auch für alle Leistungserbringer gilt (Urteil 9C_397/2009 vom 16. Oktober 2009 E. 4.2, publ. in SVR 2010 KV Nr. 3 S. 9 mit Hinweisen). Art. 44 KVG verpflichtet diese zudem, sich an die vertraglich oder behördlich festgelegten Tarife und Preise zu halten und für Leistungen nach dem KVG keine weitergehenden Vergütungen zu berechnen (Tarifschutz). Im Lichte der Schlüsselrolle, die das KVG der Ärzteschaft einräumt (vgl. Gebhard Eugster, a.a.O., S. 43 Rz. 93), dürfen und müssen die Krankenversicherer im Rahmen der Massenverwaltung bis zu einem bestimmten Mass darauf vertrauen, dass die ihnen von den Leistungserbringern eingereichten Abrechnungen grundsätzlich korrekt erstellt sind und sie bei allfälligen Unklarheiten Rücksprache mit den Krankenversicherern halten. Dies gilt umso mehr, wenn -wie im vorliegenden Fall - erst zusätzliche, nicht ohne Weiteres aus den Rechnungen ersichtliche Informationen (hier die genaue Uhrzeit der Behandlung) die Tarifwidrigkeit einer einzelnen Abrechnung offenlegt. Fortschreitende Kontrollmöglichkeiten auf Seiten der Krankenversicherer allein vermögen die Ärzteschaft nicht von den beschriebenen Pflichten zu befreien.  
 
5.3. In Bezug auf den ebenfalls von der SASIS AG geführten Tarifpool räumen die Beschwerdegegnerinnen vernehmlassend ein, dieser biete im Falle konkreter Verdachtsmomente die Möglichkeit - nach Aufbereitung und Analyse entsprechender Daten - eine unzulässige Abrechnungspraxis eines bestimmten Leistungserbringers zu erkennen. Sie bestreiten indessen das Vorhandensein eines Systems, das diesbezügliche Auffälligkeiten "automatisch" rapportieren könne. Dazu seien vielmehr menschliche Hypothesen, Verdachtsmomente und Analysen notwendig. Das Schiedsgericht stellte in diesem Zusammenhang fest, die Erfassungs- und Kontrollmechanismen hätten früher einen wesentlich geringeren Standard gehabt als heute. Insbesondere sei in Bezug auf einzelne Tarifpositionen eine systematische Prüfung unmöglich gewesen. Dass die Beschwerdegegnerinnen oder involvierte Branchenverbände abweichend von diesen vorinstanzlichen Feststellungen im massgebenden Zeitraum ab 2013 gestützt auf die in den Tarifpool gelieferten Daten eine systematische Prüfung in Bezug auf einzelne Tarifpositionen durchgeführt hätten oder dazu technisch überhaupt imstande gewesen wären, ist weder ersichtlich noch in der Beschwerde substanziiert geltend gemacht. Ungenügend ist in diesem Zusammenhang jedenfalls der blosse Hinweis der Beschwerdeführerin, die Krankenversicherer hätten schon 2013 begonnen, systematisch Daten zu sammeln und in den Tarifpool zu liefern.  
Der vorinstanzliche Schluss auf das Fehlen einer systematischen Prüfungsmöglichkeit im hier massgebenden Zeitraum ist nach dem Dargelegten zumindest im Rahmen der eingeschränkten bundesgerichtlichen Überprüfungsbefugnis nicht zu beanstanden (vgl. E. 1 hievor). Immerhin sei aber auf Folgendes hingewiesen: Ohne anderweitig zugetragene Verdachtsmomente kann wohl einzig ein automatisiertes Tarifcontrolling - sei es auf Basis aggregierter Branchendaten oder auf Basis analytischer Einzelfallprüfungen - den Verdacht einer unzulässigen Abrechnung einzelner Tarifpositionen liefern (vgl. zum Ganzen PETROV, a.a.O., S. 137, Rz. 344 ff.). Aufgrund von Bestrebungen, die stetig wachsenden Gesundheitskosten in den Griff zu bekommen, sowie mit Blick auf die Masse an Abrechnungen und die fortschreitenden technischen Möglichkeiten mögen derlei Kontrollmechanismen in neuerer Zeit und künftig bei Krankenversicherern und Branchenverbänden vermehrt Einzug halten. Tatsächlich gelangte denn auch im vorliegenden Fall letztlich die tarifsuisse AG mit Schreiben vom 21. Juli 2020 im Auftrag von verschiedenen Krankenversicherern an die Beschwerdeführerin, weil im Rahmen des (in erster Linie auf den Tarifpool der SASIS AG gestützten) Tarifcontrollings aufgefallen war, dass die Beschwerdeführerin die Dringlichkeits-Inkonvenienzpauschale F in sehr hoher Anzahl abrechnete. Die dargelegte Entwicklung im Bereich Erfassungs- und Kontrollmechanismen dürfte sich nicht zuletzt aufgrund der Möglichkeiten und der zunehmenden Bedeutung von Artificial Intelligence (AI) künftig weiter beschleunigen (vgl. dazu TOMAS POLEDNA/THOMAS GÄCHTER, Artificial Intelligence, Gesundheitsversorgung und Krankenversicherung, in: Jusletter vom 29. Januar 2018, Rz. 4). Inwiefern in Zukunft aufgrund derlei technischer Möglichkeiten früher auf eine (fristauslösende) zumutbare Kenntnisnahme bei den Krankenversicherern zu schliessen sein wird, braucht hier ebenso wenig geklärt zu werden wie die Rolle, die dem Leistungserbringer - auch unterhalb der Schwelle eines rechtsmissbräuchlichen Verhaltens - mit Blick auf die ihn treffenden Pflichten zukommen wird. 
 
5.4. Zusammenfassend ist damit festzuhalten, dass selbst wenn davon auszugehen wäre, die Beschwerdegegnerinnen hätten bereits ab 2013 Daten in den Tarifpool der SASIS AG geliefert und diese Daten hätten zumindest im Grundsatz (zum Beispiel aufgrund der Häufigkeit der Abrechnung einer einzelnen Tarifposition) Verdachtsmomente für eine unzulässige Abrechnungspraxis offenlegen können, daraus schon in Ermangelung damaliger technischer Möglichkeiten nicht auf eine zumutbare Kenntnisnahme bei den Beschwerdegegnerinnen vor Juli 2020 geschlossen werden könnte. Die vorinstanzliche Folgerung, mit der Einreichung des Gesuchs vom 11. Mai 2021 sei die relative Verjährungsfrist sowohl nach altem wie nach neuem Recht gewahrt, bestreitet die Beschwerdeführerin nicht. Weiterungen dazu erübrigen sich (zur Rügepflicht vgl. E. 1). Die Beschwerde ist unbegründet.  
 
6.  
Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend hat die Beschwerdeführerin die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Die obsiegenden Krankenversicherer haben keinen Anspruch auf eine Parteientschädigung (Art. 68 Abs. 3 BGG; BGE 149 II 381 E. 7.3). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 15'000.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Schiedsgericht in Sozialversicherungsstreitigkeiten des Kantons Bern und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 24. Juni 2024 
 
Im Namen der III. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Parrino 
 
Der Gerichtsschreiber: Williner