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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
7B_105/2022  
 
 
Urteil vom 22. Mai 2024  
 
II. strafrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Abrecht, Präsident, 
Bundesrichterin Koch, 
Bundesrichter Kölz, 
Gerichtsschreiberin Sauthier. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Christoph Vettiger, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
B.________, 
vertreten durch Advokat Dr. Nicolas Roulet, 
Beschwerdegegner, 
 
Strafgerichtspräsidentin des Kantons Basel-Stadt, Schützenmattstrasse 20, Postfach 375, 4009 Basel. 
 
Gegenstand 
Strafverfahren; Verfahrensvereinigung, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Appellationsgerichts des Kantons Basel-Stadt, Einzelgericht, vom 14. Juli 2022 (BES.2022.38). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Gegen A.________ ist am Strafgericht Basel-Stadt ein Strafverfahren (SG.2022.13) unter anderem wegen mehrfacher versuchter schwerer Körperverletzung, mehrfacher einfacher Körperverletzung, Tätlichkeiten, Beschimpfung und mehrfacher Drohung zum Nachteil von B.________ hängig. Gegen Letzteren ist wegen demselben Vorfall ein Verfahren unter anderem wegen Drohung zum Nachteil von A.________ hängig (ES.2020.501). 
 
B.  
Mit Schreiben vom 4. Februar 2022 beantragte A.________, die beiden Verfahren seien an die Staatsanwaltschaft zurückzuweisen, eventualiter seien sie zu vereinigen. Mit Verfügung vom 3. März 2022 wies die Strafgerichtspräsidentin den Antrag auf Verfahrensrückweisung ab und verfügte die gemeinsame Verhandlung der beiden Verfahren SG.2022.13 und ES.2020.501. 
Gegen diese Verfügung erhob A.________ Beschwerde an das Appellationsgericht Basel-Stadt, welches mit Entscheid vom 14. Juli 2022 mangels eines drohenden nicht wieder gutzumachenden Nachteils nicht auf die Beschwerde eintrat. 
 
C.  
Mit Eingabe vom 14. September 2022 führt A.________ "Strafrechtliche Beschwerde" und "Subsidiäre Verfassungsbeschwerde" an das Bundesgericht und beantragt die Aufhebung des Entscheids des Appellationsgerichts vom 14. Juli 2022 sowie der Verfügung vom 3. März 2022. Das Verfahren ES.2020.501 gegen B.________ sei an die Staatsanwaltschaft zurückzuweisen, damit diese Anklage wegen sexueller Nötigung etc. erhebe. Eventualiter sei die Sache zur neuen Beurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Weiter seien die Verfahren ES.2020.501 und SG.2022.13 zu vereinigen. 
Das Appellationsgericht hat auf eine Vernehmlassung verzichtet und beantragt, die Beschwerde abzuweisen, soweit auf sie einzutreten sei. 
Mit Verfügung vom 12. Oktober 2022 hat das Bundesgericht der Beschwerde die aufschiebende Wirkung erteilt. 
Am 13. Juli 2023 zeigte das Bundesgericht den Verfahrensbeteiligten einen Zuständigkeits- bzw. Abteilungswechsel an (Übergang des Verfahrens 1B_491/2022 von der I. öffentlich-rechtlichen auf die II. strafrechtliche Abteilung unter der neuen Verfahrensnummer 7B_105/2022). 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Die Beschwerde richtet sich gegen den Entscheid einer letzten kantonalen Instanz (Art. 80 Abs. 1 BGG), der im Rahmen eines Strafverfahrens ergangen ist. Dagegen steht die Beschwerde in Strafsachen grundsätzlich offen (Art. 78 Abs. 1 BGG). Damit besteht kein Raum für die ebenfalls erhobene subsidiäre Verfassungsbeschwerde (siehe Art. 113 BGG).  
 
1.2. Der angefochtene Entscheid schliesst das Strafverfahren nicht ab. Es handelt sich um einen Zwischenentscheid, der weder die Zuständigkeit noch den Ausstand betrifft. Gemäss Art. 93 Abs. 1 BGG ist die Beschwerde dagegen nur zulässig, wenn der Zwischenentscheid einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken kann (lit. a) oder wenn die Gutheissung der Beschwerde sofort einen Endentscheid herbeiführen und damit einen bedeutenden Aufwand an Zeit oder Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren ersparen würde (lit. b). Die zweite Variante kommt vorliegend nicht in Betracht (vgl. BGE 144 IV 127 E. 1.3; 141 IV 284 E. 2). Soweit sich die Beschwerde auf die Frage bezieht, ob überhaupt ein kantonales Rechtsmittel offensteht oder ob die Eintretensvoraussetzungen eines solchen erfüllt sind, ist die Beschwerde grundsätzlich unabhängig vom Erfordernis eines nicht wieder gutzumachenden Nachteils im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG zulässig (BGE 143 I 344 E. 1.2). Vorliegend hat die Vorinstanz ihren Nichteintretensentscheid damit begründet, dass dem Beschwerdeführer kein Rechtsnachteil im Sinne von Art. 393 lit. b StPO drohe und damit eine Eintretensvoraussetzung verneint. Nach der zitierten Rechtsprechung wird deshalb hier auf das Erfordernis von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG verzichtet.  
 
1.3. Der Beschwerdeführer ist zudem gemäss Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 1 BGG zur Beschwerde berechtigt. Da auch die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen erfüllt sind, ist auf die Beschwerde grundsätzlich einzutreten.  
 
1.4. Da die Vorinstanz auf das Rechtsmittel des Beschwerdeführers nicht eingetreten ist, beschränkt sich der Streitgegenstand auf die Eintretensfrage. Soweit der Beschwerdeführer Anträge stellt, die über eine reine Rückweisung hinausgehen, ist darauf nicht einzutreten (vgl. BGE 144 II 184 E. 1.1 mit Hinweisen).  
 
2.  
Der Beschwerdeführer rügt, die Vorinstanz sei auf seine kantonale Beschwerde zu Unrecht nicht eingetreten. 
 
2.1. Nach der Vorinstanz legte der Beschwerdeführer weder hinsichtlich der Ablehnung der Rückweisung der Anklageschrift noch hinsichtlich der abgelehnten Verfahrensvereinigung einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil im Sinne von Art. 393 lit. b StPO dar, weshalb nicht auf die Beschwerde eingetreten werden könne. Sie begründet ihren Entscheid nachvollziehbar damit, dass der Beschwerdeführer die der Anklageprüfung nach Art. 329 Abs. 1 StPO unterliegenden Aspekte auch noch zu Beginn der Hauptverhandlung aufwerfen könne, weshalb ihm kein nicht wieder gutzumachender Nachteil drohe (E. 1.3 des angefochtenen Entscheids).  
Der gegenteiligen Argumentation des Beschwerdeführers, die teils appellatorisch anmutet und mitunter an der Sache vorbei geht, kann nicht gefolgt werden. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts stellt ein Beschluss des Gerichts gemäss Art. 329 Abs. 2 StPO einen prozessleitenden Entscheid dar, der grundsätzlich keinen nicht wieder gutzumachenden Nachteil rechtlicher Natur bewirkt (BGE 143 IV 175 E. 2; Urteile 7B_808/2023 vom 6. Dezember 2023 E. 1.4; 1B_363/2021 vom 5. April 2022 E. 2.2; je mit weiteren Hinweisen). Aus welchem Grund hier eine Ausnahme bestehen soll, wird vom Beschwerdeführer nicht substanziiert dargetan und ist auch nicht erkennbar. 
 
2.2. Nicht zu beanstanden ist überdies auch die vorinstanzliche Folgerung, hinsichtlich der abgewiesenen Verfahrensvereinigung liege ebenfalls kein nicht wieder gutzumachender Nachteil vor. Die Vorinstanz begründet ihren Entscheid zusammengefasst damit, dass sowohl der Beschwerdeführer als auch der Beschwerdegegner jeweils in einem Verfahren Beschuldigter und im anderen Verfahren Privatkläger seien. Dies führe dazu, dass vorliegend trotz der Verfahrenstrennung keine prozessualen Rechtsnachteile entstünden. Das Bundesgericht gehe insbesondere aufgrund der fehlenden Teilnahmerechte von einem nicht wieder gutzumachenden Nachteil bei Verfahrenstrennungen aus, diese Problematik bestehe vorliegend aber aufgrund der gegenseitigen Beschuldigten- bzw. Privatklägerstellung gerade nicht.  
Diese Auffassung ist nicht zu beanstanden. Was der Beschwerdeführer dagegen einwendet, ist nicht zielführend. Dies gilt beispielhaft für seinen Einwand, es bestehe aufgrund der Verfahrenstrennung die Gefahr widersprüchlicher Urteile, da der enge Sachzusammenhang wegen der gegenseitigen Auseinandersetzung offensichtlich sei. Wie die Vorinstanz zu Recht festhält, steht es dem Beschwerdeführer offen, bei allfällig tatsächlich widersprüchlichen Urteilen gegen diese vorzugehen. Es droht kein nicht wieder gutzumachender Nachteil. 
 
2.3. Nach dem Erwogenen ist es nicht zu beanstanden, dass die Vorinstanz die Sachurteilsvoraussetzung von Art. 393 lit. b StPO verneint hat und auf die Beschwerde nicht eingetreten ist.  
 
3.  
Soweit der Beschwerdeführer schliesslich den vorinstanzlichen Kosten- und Entschädigungsentscheid beanstandet und dessen Aufhebung beantragt, kann ihm ebenfalls nicht gefolgt werden. Die Vorinstanz legt nachvollziehbar dar, dass sie das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung aufgrund der Aussichtslosigkeit der Beschwerde abweist und deshalb dem Beschwerdeführer die Kosten auferlegt hat. Die Kritik des Beschwerdeführers, wonach nicht von einer Offensichtlichkeit gesprochen werden könne, zumal bei einer wechselseitigen Auseinandersetzung bzw. einer Notwehrsituation ein enger Sachzusammenhang zwischen den strafbaren Handlungen bestehe und in diesem Fall Art. 30 StPO eine Rechtsgrundlage für eine Vereinigung darstelle, ändert an der zutreffenden Beurteilung der Vorinstanz nichts. 
 
4.  
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. 
Bei diesem Verfahrensausgang wird der Beschwerdeführer kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG). Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege ist wegen Aussichtslosigkeit der Begehren abzuweisen (Art. 64 Abs. 1 BGG). Den finanziellen Verhältnissen des Beschwerdeführers ist bei der Bemessung der Gerichtskosten Rechnung zu tragen (Art. 65 Abs. 2 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten wird. 
 
2.  
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wird abgewiesen. 
 
3.  
Die Gerichtskosten von Fr. 1'200.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
4.  
Dieses Urteil wird den Parteien, der Strafgerichtspräsidentin des Kantons Basel-Stadt und dem Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt, Einzelgericht, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 22. Mai 2024 
 
Im Namen der II. strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Abrecht 
 
Die Gerichtsschreiberin: Sauthier