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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
8C_705/2023  
 
 
Urteil vom 18. Juni 2024  
 
IV. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Wirthlin, Präsident, 
Bundesrichterin Viscione, Bundesrichter Métral, 
Gerichtsschreiber Walther. 
 
Verfahrensbeteiligte 
Öffentliche Arbeitslosenkasse 
des Kantons Solothurn, 
Juristische Dienstleistungen, Rathausgasse 16, 
4509 Solothurn, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwältin Melissa Traber, 
Beschwerdegegner. 
 
Gegenstand 
Arbeitslosenversicherung, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Versicherungsgerichts des Kantons Solothurn vom 29. September 2023 (VSBES.2022.152). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
A.________, geboren 1972, beantragte am 21. Dezember 2021 bei der Öffentlichen Arbeitslosenkasse des Kantons Solothurn (fortan: Arbeitslosenkasse oder Beschwerdeführerin) Arbeitslosenentschädigung ab 1. Dezember 2021, nachdem sein Arbeitsverhältnis infolge Kündigung durch die Arbeitgeberin am 30. November 2021 geendet hatte. Er gab an, zu 100 % arbeitsunfähig und bei der Invalidenversicherung angemeldet zu sein, in Zukunft aber eine Vollzeitstelle anzustreben. Mit Verfügung vom 6. April 2022 verneinte das Amt für Industrie, Gewerbe und Arbeit des Kantons Basel-Landschaft (im Folgenden: KIGA) in seiner Funktion als kantonale Amtsstelle die Vermittlungsfähigkeit von A.________ für die Zeit vom 1. bis 24. Dezember 2021 und ab 1. März 2022 wegen voller Arbeitsunfähigkeit. Es vermerkte, über den entsprechenden Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung nach Art. 28 AVIG habe die Arbeitslosenkasse zu entscheiden. Weiter hielt das KIGA fest, dass der Versicherte vom 25. Dezember 2021 bis 28. Februar 2022 im Rahmen der Vorleistungspflicht der Arbeitslosenversicherung gegenüber der Invalidenversicherung im Umfang eines Arbeitsausfalls von 100 % vermittlungsfähig gewesen sei. Mit Verfügung vom 7. April 2022 verneinte die Arbeitslosenkasse den Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung für die Zeit ab 1. Dezember 2021 bis auf weiteres, weil A.________ die von ihr verlangten Unterlagen nicht eingereicht habe und die Akten unvollständig seien; sein Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung sei daher am 1. April 2022 erloschen. Auf Einsprache hin hielt sie daran fest (Einspracheentscheid vom 23. Juni 2022). 
 
B.  
Gegen den Einspracheentscheid erhob A.________ am 24. August 2022 Beschwerde beim Versicherungsgericht des Kantons Solothurn. In ihrer Beschwerdeantwort vom 29. September 2022 beantragte die Arbeitslosenkasse daraufhin die teilweise Gutheissung der Beschwerde. Dies begründete sie damit, dass sie dem Versicherten für den Zeitraum vom 6. Dezember 2021 bis 5. Dezember 2023 eine Rahmenfrist eröffnet und ihm für die Zeit vom 6. Dezember 2021 bis 28. Februar 2022, vom 21. März 2022 bis 31. März 2022 sowie vom 12. Mai bis 10. Juni 2022 Taggelder ausgerichtet habe. 
 
Mit Urteil vom 29. September 2023 hiess das Versicherungsgericht die Beschwerde teilweise gut, indem es A.________ für die Zeit vom 1. bis 24. Dezember 2021 Taggelder bei vorübergehend fehlender Arbeitsfähigkeit, vom 25. Dezember 2021 bis 28. Februar 2022 Taggelder im Rahmen der Vorleistungspflicht gegenüber der Invalidenversicherung, vom 1. bis 30. März 2022 Taggelder bei vorübergehend fehlender Arbeitsfähigkeit und vom 12. Mai bis 10. Juni 2022 wiederum Taggelder im Rahmen der Vorleistungspflicht gegenüber der Invalidenversicherung zusprach. Es wies die Sache an die Arbeitslosenkasse zurück, damit diese im Sinne der Erwägungen verfahre. Im Übrigen wies es die Beschwerde ab. 
 
C.  
Die Arbeitslosenkasse führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten und beantragt, in Aufhebung des kantonalen Urteils sei die Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen. 
Die Vorinstanz äussert sich punktuell zur Sache und schliesst auf Abweisung der Beschwerde. Der Beschwerdegegner und das Staatssekretariat für Wirtschaft verzichten auf eine Vernehmlassung. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Das Bundesgericht prüft seine Zuständigkeit und die (weiteren) Eintretensvoraussetzungen von Amtes wegen und mit freier Kognition (Art. 29 Abs. 1 BGG; BGE 149 II 462 E. 1.1 mit Hinweisen). 
 
1.1. Die Beschwerde an das Bundesgericht ist grundsätzlich nur zulässig gegen Endentscheide (Art. 90 BGG), bei Zwischenentscheiden, insbesondere auch bei Rückweisungen, bedarf es besonderer Voraussetzungen (Art. 92 BGG, Art. 93 Abs. 1 lit. a und lit. b BGG). Wenn die Rückweisung indessen - wie hier - bloss noch der Umsetzung des oberinstanzlich Angeordneten dient, der unteren Instanz, an welche zurückgewiesen wird, also kein Entscheidungsspielraum mehr verbleibt, liegt materiell betrachtet kein Zwischen-, sondern ein Endentscheid vor (BGE 145 III 42 E. 2.1; 135 V 141 E. 1.1; 134 II 124 E. 1.3). Unter diesem Blickwinkel steht einem Eintreten auf die Beschwerde daher nichts entgegen.  
 
 
1.2. Die Arbeitslosenkasse beantragt in ihrer Beschwerdeschrift lediglich, das kantonale Urteil sei aufzuheben und die Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen. Dieser rein kassatorische Antrag genügt grundsätzlich nicht (vgl. Urteil 9C_141/2021 vom 8. Juli 2021 E. 1 mit weiteren Hinweisen). Aus dem Gesamtzusammenhang der Beschwerdeschrift ergibt sich jedoch, dass die Arbeitslosenkasse die vorinstanzliche Zusprache von Taggeldern an den Beschwerdegegner für den Zeitraum vom 1. bis 5. Dezember 2021 sowie vom 1. bis 20. März 2022 beanstandet und insoweit - wenn auch nur implizit - die Bestätigung ihres Einspracheentscheids verlangt. Das in diesem Sinne verstandene Begehren ist zulässig. Auf die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ist daher einzutreten.  
 
2.  
Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann eine Rechtsverletzung nach Art. 95 f. BGG gerügt werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Dennoch prüft es - offensichtliche Fehler vorbehalten - nur die in seinem Verfahren gerügten Rechtsmängel (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG; BGE 148 V 209 E. 2.2). Es legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann ihre Sachverhaltsfeststellung auf Rüge hin oder von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Verfahrensausgang entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1, Art. 105 Abs. 2 BGG). 
 
3.  
Vor Bundesgericht strittig ist, wie in E. 1 bereits dargelegt, ob die Vorinstanz Bundesrecht verletzte, indem sie dem Beschwerdegegner für die Zeit vom 1. bis 5. Dezember 2021 und vom 1. bis 20. März 2022 Taggelder der Arbeitslosenversicherung aufgrund vorübergehend fehlender Arbeitsunfähigkeit gemäss Art. 28 Abs. 1 AVIG zusprach. 
 
4.  
 
4.1. Das kantonale Gericht hat die massgebenden Bestimmungen und Grundsätze zutreffend dargelegt. Dies gilt namentlich für die Vermittlungsfähigkeit als Voraussetzung für den Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung (Art. 8 Abs. 1 lit. f, Art. 15 AVIG), für die Überprüfung der Vermittlungsfähigkeit durch die kantonale Amtsstelle (Art. 85 Abs. 1 lit. d AVIG; Art. 24 AVIV) und, aufgrund des Wohnsitzes des Beschwerdegegners, für die örtliche Zuständigkeit des KIGA als kantonale Amtsstelle des Kantons Basel-Landschaft (vgl. § 1 Abs. 1 und Abs. 2 lit. c, § 15 Abs. 2 lit. f der Vereinbarung vom 9. Dezember 2003 der Kantone Basel-Landschaft und Solothurn über die Abtretung von Aufgaben aus dem AVIG-Vollzug vom Kanton Solothurn an den Kanton Basel-Landschaft, abrufbar in der Gesetzessammlung des Kantons Basel-Landschaft unter https://bl.clex.ch/app/de/  
texts_of_law/837.31). Richtig dargestellt sind insbesondere auch die Bestimmungen über die Vorleistungspflicht der Arbeitslosenversicherung für Leistungen, deren Übernahme durch die Invalidenversicherung umstritten ist (Art. 70 Abs. 1 und Abs. 2 lit. b ATSG). Darauf wird verwiesen. 
 
4.2. Hervorzuheben ist, dass nach Art. 28 Abs. 1 AVIG Versicherte, die wegen Krankheit (Art. 3 ATSG), Unfall (Art. 4 ATSG) oder Schwangerschaft vorübergehend nicht oder nur vermindert arbeits- und vermittlungsfähig sind und deshalb die Kontrollvorschriften nicht erfüllen können, Anspruch auf das volle Taggeld haben, sofern sie die übrigen Anspruchsvoraussetzungen erfüllen. Dieser dauert längstens bis zum 30. Tag nach Beginn der ganzen oder teilweisen Arbeitsunfähigkeit und ist innerhalb der Rahmenfrist auf 44 Taggelder beschränkt. Gemäss Art. 28 Abs. 5 AVIG muss der Arbeitslose seine Arbeitsunfähigkeit beziehungsweise seine Arbeitsfähigkeit mit einem ärztlichen Zeugnis nachweisen.  
 
5.  
 
5.1. Hinsichtlich des Zeitraums vom 1. bis 5. Dezember 2021 wies die Arbeitslosenkasse in ihrer vorinstanzlichen Beschwerdeantwort darauf hin, dass für diese Phase keine Angaben zur Arbeits (un) fähigkeit des Beschwerdegegners vorlägen. Art. 8 Abs. 1 lit. f AVIG setze für den Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung jedoch die Vermittlungsfähigkeit der versicherten Person voraus. Zudem sei es nicht möglich, Taggelder wegen Krankheit nach Art. 28 AVIG für einen Zeitraum auszurichten, für den keine Arztzeugnisse vorlägen, welche die Arbeitsunfähigkeit bestätigten. Für den Zeitraum vom 1. bis 5. Dezember 2021 erfülle der Beschwerdegegner somit die Anspruchsvoraussetzungen für den Bezug von Arbeitslosenentschädigung nicht.  
 
5.2. Das kantonale Gericht folgte dieser Argumentation nicht. Es erwog, das KIGA habe mit Verfügung vom 6. April 2022 für die fragliche Zeit eine vollständige Arbeits- und damit auch Vermittlungsunfähigkeit festgestellt. Als Teil des Dispositivs der Verfügung werde diese Feststellung von deren Rechtskraft erfasst und sei für die Arbeitslosenkasse demnach verbindlich. Dieser sei es somit verwehrt, eine eigene Beweiswürdigung vorzunehmen und einen Anspruch nach Art. 28 Abs. 1 AVIG mangels einer Arbeitsunfähigkeit vor dem 6. Dezember 2021 zu verneinen, zumal ihr auch keine neuen, dem KIGA nicht bekannten Beweismittel vorgelegen hätten. Vielmehr habe die Arbeitslosenkasse nur noch zu prüfen gehabt, ob die übrigen Voraussetzungen für die Ausrichtung von Taggeldern bei vorübergehender Arbeitsunfähigkeit erfüllt gewesen seien, was sie angesichts der erfolgten Auszahlungen und der Ausführungen in der Beschwerdeantwort bejaht habe. Vor diesem Hintergrund sei dem Beschwerdegegner für die Zeit vom 1. bis 24. Dezember 2021 Arbeitslosenentschädigung nach Art. 28 Abs. 1 AVIG zuzusprechen.  
 
5.3. Was die Arbeitslosenkasse vor Bundesgericht dagegen einwendet, ist nicht stichhaltig. Sie macht im Wesentlichen erneut geltend, für die Zeit vom 1. bis 5. Dezember 2021 liege kein Arztzeugnis vor, welches - wie nach Art. 28 Abs. 5 AVIG erforderlich - eine Arbeitsunfähigkeit des Beschwerdegegners belege. Wie bereits das kantonale Gericht darlegte, wurden die Vermittlungsfähigkeit und die dieser zugrunde liegende Arbeitsfähigkeit (vgl. Art. 28 Abs. 1 AVIG) für den fraglichen Zeitraum durch das hierfür zuständige KIGA (Art. 85 Abs. 1 lit. b AVIG und Art. 24 AVIV) geprüft und mit rechtskräftiger Verfügung vom 6. April 2022 verneint. Dies ist für die Arbeitslosenkasse verbindlich, weshalb es ihr verwehrt war, eigene Abklärungen und eine eigene Beweiswürdigung dahingehend vorzunehmen, ob tatsächlich, wie vom KIGA festgehalten, in der Zeit vom 1. bis 5. Dezember 2021 eine Arbeitsunfähigkeit vorlag bzw. ob diese mittels Arztzeugnissen nachgewiesen sei. Daran ändert entgegen der Auffassung der Arbeitslosenkasse auch nichts, dass sie nach Erhalt der Verfügung des KIGA die weiteren Anspruchsvoraussetzungen für die Ausrichtung von Taggeldern (vgl. namentlich Art. 8 ff. AVIG) zu prüfen und diese nach Art. 28 AVIG zu berechnen hatte. Art. 28 Abs. 5 AVIG ist offenkundig keine solche "weitere Voraussetzung", sondern ist Teil der Prüfung der Arbeitsfähigkeit i.S. von Abs. 1 der Bestimmung. Soweit das kantonale Gericht die Arbeitslosenkasse verpflichtete, für die Zeit vom 1. bis 5. Dezember Taggelder gemäss Art. 28 Abs. 1 AVIG auszurichten, vermag die Arbeitslosenkasse mit ihren Rügen keine Bundesrechtsverletzung aufzuzeigen.  
 
6.  
 
6.1. In Bezug auf den von der Arbeitslosenkasse in der vorinstanzlichen Beschwerdeantwort ebenfalls verneinten Taggeldanspruch für die Zeit vom 1. bis 20. März 2022 hielt das kantonale Gericht - wiederum unter Hinweis auf die Verfügung des KIGA - fest, dass der Beschwerdegegner bis zum 28. Februar 2022 zu 20 % arbeitsfähig gewesen sei. Ausserdem habe das KIGA verbindlich entschieden, dass ab dem 1. März eine vorübergehende Arbeitsunfähigkeit von 100 % bestanden habe, die gemäss Arztzeugnissen bis zum 11. Mai 2022 angedauert habe. Die 30-tägige Frist für den Bezug von Taggeldern nach Art. 28 Abs. 1 AVIG habe mit dem Wegfall der Teilarbeitsfähigkeit von 20 % am 1. März 2022 wieder neu zu laufen begonnen und am 30. März 2022 geendet. Folglich habe der Beschwerdegegner für diese Zeit Anspruch auf Taggelder bei vorübergehend fehlender Arbeitsfähigkeit im Sinne der genannten Bestimmung.  
 
6.2. Soweit die Arbeitslosenkasse geltend macht, auch für diesen Zeitraum lägen keine Arztzeugnisse vor, welche die Arbeitsunfähigkeit belegten, ist mit der Vorinstanz erneut auf die diesbezügliche Verbindlichkeit der Verfügung des KIGA zu verweisen. Mit Blick auf das in E. 5.3 Dargelegte erübrigen sich weitere Ausführungen an dieser Stelle.  
 
6.3.  
 
6.3.1. Weiter hält die Arbeitslosenkasse dafür, gemäss Art. 28 Abs. 1 AVIG dauerten die Taggelder bei vorübergehend fehlender oder verminderter Arbeitsunfähigkeit längstens bis zum dreissigsten Tag nach Beginn der Arbeitsunfähigkeit. Im Umkehrschluss brauche es für den Unterbruch resp. den Neubeginn der dreissigtägigen Frist bei derselben Arbeitsunfähigkeit eine volle Arbeitsfähigkeit von mindestens einem Tag. Gemäss der Vorinstanz habe die Arbeitsunfähigkeit des Beschwerdegegners in unterschiedlich hohen Prozentsätzen vom 1. Dezember 2021 bis 10. Juni 2022 angedauert, wobei es in diesem Zeitraum keine Periode der vollen Arbeitsfähigkeit gegeben habe. Soweit die Vorinstanz zum Schluss gelange, dass der Zeitraum vom 25. Dezember 2021 bis 28. Februar 2022, in dem der Beschwerdegegner zu 20 % arbeitsfähig gewesen sei, die 30-tägige Frist gemäss Art. 28 Abs. 1 AVIG unterbrochen und diese neu zu laufen begonnen habe, verletze dies Bundesrecht.  
 
6.3.2. Diese Rüge ist begründet. Nach den Feststellungen des kantonalen Gerichts war der Beschwerdegegner vom 1. Dezember 2021 bis zum 11. Juni 2022 ohne Unterbruch in unterschiedlichem Ausmass arbeitsunfähig. Wie es ebenfalls festhielt und letztinstanzlich unbestritten ist, begann die in Art. 28 Abs. 1 AVIG verankerte 30-tägige Frist für den Bezug von Taggeldern bei vorübergehend fehlender oder verminderter Arbeitsfähigkeit mit dem Eintritt der Arbeitslosigkeit am 1. Dezember 2021 zu laufen und endete somit nach 30 Kalendertagen am 30. Dezember 2021. Gemäss der sowohl von der Vorinstanz als auch von der Arbeitslosenkasse zitierten Randziffer C169 der AVIG-Praxis ALE (Stand 1. Januar 2024, die genannte Rz. geltend seit Januar 2013) beginnt die genannte Frist (nur) dann neu zu laufen, wenn die Arbeitsunfähigkeit nachweislich unterbrochen wird oder wenn eine Arbeitsunfähigkeit direkt an eine Arbeitsunfähigkeit aus einem anderen Grund anschliesst (vgl. auch Boris Rubin, Commentaire de la loi sur l'assurance-chômage, 2014, N. 7 zu Art. 28, S. 283). Soweit die Vorinstanz allein deshalb zum Schluss gelangte, die 30-tägige Frist habe am 1. März 2022 neu zu laufen begonnen, weil zu diesem Zeitpunkt die Teilarbeitsfähigkeit von 20 % weggefallen und eine volle Arbeitsunfähigkeit eingetreten sei, kann dem somit nicht gefolgt werden. Entgegen der Auffassung der Arbeitslosenkasse kann ein Taggeldanspruch des Beschwerdegegners aber auch nicht von vornherein verneint werden. Aus dem angefochtenen Urteil geht nämlich nicht hervor, weshalb der Beschwerdegegner ab dem 1. März 2022 arbeitsunfähig war, d.h. ob die gemäss Vorinstanz und KIGA an diesem Tag eingetretene volle Arbeitsunfähigkeit auf derselben oder einer anderen Ursache beruhte als die bis dahin bestehende Arbeitsunfähigkeit von 80 %. Diese Frage kann auch aufgrund der Akten nicht beurteilt werden (Art. 105 Abs. 2 BGG; zur ergänzenden Sachverhaltsfeststellung durch das Bundesgericht vgl. etwa BGE 147 V 359 E. 4.5.1 mit Hinweis). Letztlich lässt sich damit auch nicht bestimmen, ob am 1. März 2022 eine neue Frist im Sinne von Art. 28 Abs. 1 AVIG ausgelöst wurde oder nicht. Die Sache ist daher an die Vorinstanz zurückzuweisen, damit diese die ergänzenden Abklärungen vornimmt und gestützt darauf neu entscheidet. Die Beschwerde der Arbeitslosenkasse ist demnach teilweise gutzuheissen.  
 
7.  
Bei diesem Ausgang rechtfertigt es sich, die Gerichtskosten zu einem Fünftel der Arbeitslosenkasse und zu vier Fünfteln dem Beschwerdegegner zu überbinden (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG). Eine Parteientschädigung steht der Arbeitslosenkasse nicht zu (Art. 68 Abs. 3 BGG). Da der teilweise obsiegende Beschwerdegegner auf eine Vernehmlassung verzichtet hat, ist ihm ebenfalls keine Parteientschädigung zuzusprechen (Urteil 1C_262/2022 vom 21. April 2023 E. 5). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen. Das Urteil des Versicherungsgerichts des Kantons Solothurn vom 29. September 2023 wird aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurückgewiesen. Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden zu Fr. 100.- der Beschwerdeführerin und zu Fr. 400.- dem Beschwerdegegner auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons Solothurn und dem Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 18. Juni 2024 
 
Im Namen der IV. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Wirthlin 
 
Der Gerichtsschreiber: Walther