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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
7B_296/2023  
 
 
Urteil vom 13. Mai 2024  
 
II. strafrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Abrecht, Präsident, 
Bundesrichter Hurni, Hofmann, 
Gerichtsschreiber Forster. 
 
Verfahrensbeteiligte 
1. A.________ AG in Liquidation, 
2. B.________, 
beide vertreten durch Rechtsanwalt 
Dr. Richard W. Allemann, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Bundesanwaltschaft, 
vertreten durch Guy Krayenbühl, 
a.o. Staatsanwalt des Bundes, c/o Staatsanwaltschaft Zürich-Limmat, Stauffacherstrasse 55, 8004 Zürich. 
 
Gegenstand 
Sistierung der Strafuntersuchung; Revision, 
 
Beschwerde gegen den Beschluss des Bundesstrafgerichts, Berufungskammer, vom 20. April 2023 (CR.2023.4). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
 
A.a. Die Bundesanwaltschaft (BA) führte eine umfangreiche Strafuntersuchung gegen C.________ und Mitbeteiligte wegen des Verdachtes der qualifizierten Geldwäscherei und weiteren Delikten. Im Zuge dieser Strafuntersuchung liess die BA anlässlich einer Hausdurchsuchung vom 25./26. April 2013 am Sitz der A.________ AG (unterdessen in Liquidation) Vermögenswerte sicherstellen und mit Verfügung vom 1. Mai 2013 förmlich beschlagnahmen. Der Wert der beschlagnahmten Vermögenswerte wurde in der Verfügung mit "EUR 223'226.31" beziffert; darunter befand sich ein Noten-Bargeldbetrag in EUR.  
 
A.b. In einer Aktennotiz der BA vom 20. September 2013 wurde Folgendes festgehalten: Die BA habe am 19. September 2013 festgestellt, dass tatsächlich nicht EUR 223'226.31 sondern lediglich EUR 187'226.31 beschlagnahmt worden seien. Die Korrekturdifferenz von EUR 36'000.-- wurde von der BA wie folgt begründet. Der in einem Briefumschlag enthaltene Noten-Bargeldbetrag in EUR sei auf dem Umschlag mit "80 x 50, total EUR 40'000.--" (statt EUR 4'000.--) bezeichnet worden. In der Beschlagnahmeverfügung vom 1. Mai 2013 seien aufgrund dieses Dezimalfehlers auf der Beschriftung des Umschlages EUR 36'000.-- zu viel genannt worden.  
 
A.c. Am 19. November 2013 wurde die Beschlagnahmeverfügung berichtigt, indem die BA den Wert der beschlagnahmten Vermögenswerte neu mit EUR 187'226.31 bezifferte.  
 
A.d. Mit Urteil der Strafkammer des Bundesstrafgerichtes SK.2019.12 vom 23. April 2021 wurde C.________ der qualifizierten Geldwäscherei, der Urkundenfälschung und des betrügerischen Konkurses für schuldig befunden und mit einer Freiheitsstrafe von 42 Monaten, einer Geldstrafe von 290 Tagessätzen à Fr. 350.-- sowie einer weiteren Geldstrafe von 80 Tagessätzen à Fr. 350.-- bestraft. Dagegen meldete der Beschuldigte am 3. Mai 2021 die Berufung an.  
 
B.  
 
B.a. Am 10. Dezember 2013 erstattete D.________, der Sohn von C.________, als damaliger Verwaltungsrat der A.________ AG Strafanzeige gegen die fallführenden Staatsanwälte der BA und Mitarbeiter der Bundeskriminalpolizei wegen mutmasslicher Veruntreuung von EUR 36'000.--. Durch die Straftat geschädigt sei laut Strafanzeige B.________.  
 
B.b. Am 3. März 2014 beauftragte die Aufsichtsbehörde über die BA (AB-BA) einen ausserordentlichen Staatsanwalt des Bundes mit der separaten Eröffnung einer Strafuntersuchung in der Veruntreuungssache. Dieser erliess am 12. Februar 2021 eine Sistierungsverfügung.  
 
B.c. Gegen die Sistierungsverfügung der BA erhoben die A.________ AG (in Liquidation) und Rechtsanwalt E.________ (dieser "als ehemaliger Liquidator der A.________ AG in Liquidation" und "Rechtsvertreter von B.________") am 19. Januar 2023 Beschwerde bei der Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichtes. Mit Beschluss vom 7. Februar 2023 trat diese auf das Rechtsmittel nicht ein.  
 
B.d. Auf ein von der A.________ AG (in Liquidation) und B.________ am 26./27. März 2023 gegen den Beschluss der Beschwerdekammer vom 7. Februar 2023 erhobenes Revisionsbegehren trat das Bundesstrafgericht, Berufungskammer, mit Beschluss vom 20. April 2023 nicht ein.  
 
C.  
Gegen den Beschluss der Berufungskammer vom 20. April 2023 gelangten die A.________ AG (in Liquidation) und B.________ mit Beschwerde vom 15. Mai 2023 an das Bundesgericht. Sie beantragen zur Hauptsache die Aufhebung des angefochtenen Nichteintretensentscheides. 
Die Vorinstanz verzichtete am 24. Mai 2023 auf eine Stellungnahme. Die BA liess sich innert der auf den 23. Juni 2023 (fakultativ) angesetzten Frist nicht vernehmen. Am 26. Juli 2023 zeigte das Bundesgericht den Verfahrensbeteiligten einen Zuständigkeits- bzw. Abteilungswechsel an (Übergang des Verfahrens 1B_262/2023 von der I. öffentlich-rechtlichen auf die II. strafrechtliche Abteilung unter der neuen Verfahrensnummer 7B_296/2023). Innert der auf den 8. August 2023 (fakultativ) angesetzten Frist ging keine weitere Eingabe der Beschwerdeführer ein. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Das Bundesgericht prüft die Zulässigkeitsvoraussetzungen der Beschwerde von Amtes wegen und mit freier Kognition (BGE 149 IV 9 E. 2; 146 IV 185 E. 2; je mit Hinweisen; vgl. Art. 29 Abs. 1 und Art. 106 Abs. 1 i.V.m. Art. 78 ff. BGG).  
 
1.2. Das Bundesgericht beurteilt Beschwerden gegen Entscheide in Strafsachen (Art. 78 Abs. 1 BGG). Gemäss Art. 80 Abs. 1 BGG ist die Beschwerde zulässig gegen Entscheide der Berufungskammer des Bundesstrafgerichts (BstGer). Entscheide der Beschwerdekammer des BstGer können dagegen nur angefochten werden, wenn sie Zwangsmassnahmen betreffen (Art. 79 BGG e contrario). Beim hier angefochtenen Beschluss handelt es sich nicht um einen Entscheid der Beschwerdekammer des BstGer sondern um einen im Revisionsverfahren ergangenen Nichteintretensentscheid der Berufungskammer des BstGer. Gegen diesen Beschluss steht nach der Rechtsprechung, aufgrund des unzweideutigen Wortlauts von Art. 80 Abs. 1 BGG, die Beschwerde in Strafsachen grundsätzlich offen (BGE 146 IV 185 E. 2.1-2.3). Daran ändert nichts, dass der Entscheid der Beschwerdekammer des BstGer, um dessen Revision die Beschwerdeführer ersucht haben, nicht beim Bundesgericht angefochten werden konnte, weil er eine Sistierungsverfügung und damit keine Zwangsmassnahme betraf (vgl. Art. 79 BGG).  
 
1.3. Die Beschwerdeführer rügen sinngemäss eine formelle Rechtsverweigerung bzw. die Verletzung ihres rechtlichen Gehörs (Rechtsweggarantie). Als Parteien des vorinstanzlichen Verfahrens sind sie insofern unmittelbar in ihrer prozessualen Rechtsstellung betroffen. Ihre Beschwerdelegitimation ist zu bejahen (Art. 81 Abs. 1 lit. a und lit. b Ziff. 5 BGG i.V.m. Art. 105 Abs. 1 lit. a, Abs. 1 lit. f und Abs. 2 StPO; vgl. BGE 146 IV 185 E. 2.3).  
 
1.4. Auch die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen von Art. 78 ff. BGG sind grundsätzlich erfüllt und geben zu keinen weiteren Vorbemerkungen Anlass.  
 
2.  
Die Vorinstanz begründet ihr Nichteintreten auf das Revisionsgesuch im Wesentlichen wie folgt: Innert angesetzter Frist habe der Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin 1 keine Vollmacht eingereicht. Der Beschwerdeführer 2 habe am Rechtsmittelverfahren vor der Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichtes nicht als Partei teilgenommen, weshalb er vom Beschluss der Beschwerdekammer nicht beschwert sei und im Revisionsverfahren vor der Berufungskammer kein Rechtsschutzinteresse habe. Zudem hätten die anwaltlich vertretenen Beschwerdeführer (auch innert angesetzter Nachfrist) keine Revisionsgründe im Sinne von Art. 410 Abs. 1 StPO substanziiert. Selbst in ihren nachträglichen Eingaben hätten sie stattdessen "wirre, inhaltlich und sprachlich kaum verständliche Ausführungen zur 'Berufung' bzw. zum 'Berufungsantrag' gemacht". 
Die Beschwerdeführer rügen eine unrichtige Anwendung von Art. 410 Abs. 1 StPO sowie eine Verletzung ihres "Rechts auf Rechtsgehör". "Die Berufung" (recte gemeint: Revision) "bei der Berufungskammer des Bundesstrafgerichtes nach Art. 410 ff. StPO" sei "zulässig gegen Urteile der Beschwerdekammer, mit denen das Verfahren ganz oder teilweise abgeschlossen worden ist". Das Nichteintreten auf das Revisionsbegehren sei bundesrechtswidrig. 
 
3.  
Wer durch ein rechtskräftiges Urteil, einen Strafbefehl, einen nachträglichen richterlichen Entscheid oder einen Entscheid im selbstständigen Massnahmenverfahren beschwert ist, kann gemäss Art. 410 Abs. 1 StPO die Revision verlangen, wenn a) neue, vor dem Entscheid eingetretene Tatsachen oder neue Beweismittel vorliegen, die geeignet sind, einen Freispruch, eine wesentlich mildere oder wesentlich strengere Bestrafung der verurteilten Person oder eine Verurteilung der freigesprochenen Person herbeizuführen, b) der Entscheid mit einem späteren Strafentscheid, der den gleichen Sachverhalt betrifft, in unverträglichem Widerspruch steht, oder c) sich in einem anderen Strafverfahren erweist, dass durch eine strafbare Handlung auf das Ergebnis des Verfahrens eingewirkt worden ist; eine Verurteilung ist nicht erforderlich; ist das Strafverfahren nicht durchführbar, so kann der Beweis auf andere Weise erbracht werden. 
Im vorliegenden Fall wurde kein solches materielles Verfahren mit entsprechendem Sachurteil (Art. 410 Abs. 1 i.V.m. Art. 80 Abs. 1 Satz 1 StPO) durchgeführt, geschweige denn rechtskräftig abgeschlossen. Beim Beschluss der Beschwerdekammer über eine Sistierungsverfügung der BA handelt es sich vielmehr um einen nicht verfahrensabschliessenden Streitgegenstand im hängigen Vorverfahren (Art. 314 i.V.m. Art. 80 Abs. 1 Satz 2 StPO). Gegen entsprechende Beschlüsse und Zwischenentscheide ist die Revision grundsätzlich nicht zulässig; die Anfechtbarkeit nach Art. 410 Abs. 1 StPO beschränkt sich nach der Praxis des Bundesgerichtes auf rechtskräftige materielle Sachurteile (BGE 146 IV 185 E. 6.2; 141 IV 269 E. 2.2.2; je mit Hinweisen; s.a. BGE 144 IV 35 E. 2.2). Der Nichteintretensentscheid der Vorinstanz hält folglich schon deshalb im Ergebnis vor dem Bundesrecht stand. Es kann offen bleiben, ob auf das Revisionsbegehren auch noch zusätzlich mangels Substanziierung allfälliger gesetzlicher Revisionsgründe, fehlender Vollmacht des Rechtsvertreters der Beschwerdeführerin 1 und mangels Rechtsschutzinteresses des Beschwerdeführers 2 (fehlende Parteistellung im Rechtsmittelverfahren vor der Beschwerdekammer) nicht eingetreten werden durfte. 
 
4.  
Die Beschwerde ist abzuweisen. 
Die Gerichtskosten sind den Beschwerdeführern aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 und Abs. 5 BGG). Eine Parteientschädigung ist nicht zuzusprechen (Art. 68 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden den Beschwerdeführern auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten und dem Bundesstrafgericht, Berufungskammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 13. Mai 2024 
 
Im Namen der II. strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Abrecht 
 
Der Gerichtsschreiber: Forster