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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
4A_235/2024  
 
 
Urteil vom 11. Juni 2024  
 
I. zivilrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Kiss, präsidierendes Mitglied, 
Bundesrichterin Hohl, 
Bundesrichter Rüedi, 
Gerichtsschreiber Leemann. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Thomas Wehrli, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
B.________ AG, 
vertreten durch Rechtsanwalt Jens Onnen, 
Obergericht des Kantons Schaffhausen, Beschwerdegegner. 
 
Gegenstand 
Unentgeltliche Rechtspflege; Sicherheitsleistung, 
 
Beschwerde gegen die Verfügung des Obergerichts des Kantons Schaffhausen, Präsidentin, vom 19. März 2024 (10/2023/1). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Mit Urteil vom 16. November 2022 hiess das Kantonsgericht Schaffhausen eine von der B.________ AG (Klägerin, Beschwerdegegnerin 1) gegen A.________ (Beklagter, Beschwerdeführer) erhobene Klage gut und verpflichte diesen zur Zahlung von Fr. 25'000.--. 
 
B.  
Der Beklagte erhob gegen dieses Urteil Berufung beim Obergericht des Kantons Schaffhausen und ersuchte um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege samt Beiordnung eines Rechtsbeistands für das Berufungs verfahren. 
Die Klägerin beantragte mit Berufungsantwort unter anderem die Ablehnung des Gesuchs um Erteilung der unentgeltlichen Rechtspflege und Rechtsverbeiständung sowie die Verpflichtung des Beklagten, für die nach gerichtlichem Ermessen festzusetzende Parteientschädigung Sicherheit zu leisten. 
Mit Verfügung vom 19. März 2024 wies das Obergericht das Gesuch des Beklagten um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege zufolge Verletzung der Mitwirkungspflicht ab und setzte ihm Frist zur Leistung eines Gerichtskostenvorschusses von Fr. 6'000.-- an. Gleichzeitig forderte es den Beklagten auf, eine Sicherheit für die mutmassliche Parteientschädigung der Klägerin in der Höhe von Fr. 1'500.-- zu leisten. 
 
C.  
Mit Beschwerde in Zivilsachen und subsidiärer Verfassungsbeschwerde beantragt der Beklagte dem Bundesgericht, die Verfügung des Obergerichts des Kantons Schaffhausen vom 19. März 2024 aufzuheben und ihm für das Berufungsverfahren die unentgeltliche Rechtspflege samt Rechtsbeistand zu gewähren. Eventualiter sei die angefochtene Verfügung aufzuheben und die Sache zu neuer Beurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. 
Es wurden keine Vernehmlassungen eingeholt. 
 
D.  
Mit Verfügung vom 25. April 2024 wurde der Beschwerde zur Aufrechterhaltung des bestehenden Zustands die aufschiebende Wirkung gewährt. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Das Bundesgericht prüft von Amtes wegen und mit freier Kognition, ob ein Rechtsmittel zulässig ist (Art. 29 Abs. 1 BGG; BGE 149 III 277 E. 3.1; 145 I 121 E. 1; 143 III 140 E. 1). 
 
1.1. Die Beschwerde betrifft eine Zivilsache (Art. 72 Abs. 1 BGG) und richtet sich gegen einen selbständig anfechtbaren Zwischenentscheid (Art. 93 BGG) einer letzten kantonalen Instanz (Art. 75 Abs. 1 BGG), der Beschwerdeführer ist mit seinen Anträgen nicht durchgedrungen (Art. 76 Abs. 1 BGG) und die Beschwerdefrist (Art. 100 Abs. 1 BGG) ist eingehalten.  
Der Streitwert erreicht die Streitwertgrenze von Fr. 30'000.-- für eine Beschwerde in Zivilsachen gemäss Art. 74 Abs. 1 lit. b BGG nicht. Diese ist daher nur zulässig, wenn sich eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt (Art. 74 Abs. 2 lit. a BGG). Der Beschwerdeführer macht geltend, dies sei der Fall. 
 
1.2. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung ist nur zurückhaltend anzunehmen. Eine solche liegt vor, wenn ein allgemeines und dringendes Interesse besteht, dass eine umstrittene Frage höchstrichterlich geklärt wird, um eine einheitliche Anwendung und Auslegung des Bundesrechts herbeizuführen und damit eine erhebliche Rechtsunsicherheit auszuräumen (BGE 146 III 237 E. 1; 144 III 164 E. 1; 141 III 159 E. 1.2). Soweit es bei der aufgeworfenen Frage lediglich um die Anwendung von Grundsätzen der Rechtsprechung auf einen konkreten Fall geht, handelt es sich nicht um eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung (BGE 140 III 501 E. 1.3; 135 III 1 E. 1.3 mit weiteren Hinweisen). Der blosse Umstand, dass die aufgeworfene Rechtsfrage noch nie entschieden wurde, genügt nicht. Es muss sich um eine Rechtsfrage handeln, deren Entscheid für die Praxis wegleitend sein kann und die von ihrem Gewicht her nach einer höchstrichterlichen Klärung ruft (BGE 146 II 276 E. 1.2.1; 143 II 425 E. 1.3.2; 141 II 14 E. 1.2.2.1; 138 I 143 E. 1.1.2).  
Ist eine Beschwerde nur unter der Voraussetzung zulässig, dass sich eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt, so ist in der Beschwerde auszuführen, warum diese Voraussetzung erfüllt ist (Art. 42 Abs. 2 Satz 2 BGG). 
 
1.3. Der Beschwerdeführer macht geltend, es stellten sich die folgenden Rechtsfragen bei der Beurteilung des Gesuchs um unentgeltliche Rechtspflege: "In welcher Detailtiefe muss ein Gesuchsteller seine Mittellosigkeit aufzeigen, um diese dem Gericht glaubhaft zu machen? Wie kann bzw. muss ein Gesuchsteller beweisen, dass er nicht über versteckte Bankkonten verfügt? Muss das Gericht berücksichtigen, dass Gesuchsteller teilweise auch nicht in der Lage sind, sämtliche Dokumente zur Verfügung zu stellen? Muss ein Gericht den Gesuchsteller noch befragen, wenn das Gericht Zweifel an seiner Eingabe hat? Muss ein Gesuchsteller detailliert darlegen, welche Drittparteien für den Unterhalt des Gesuchstellers aufkommen? Genügt es zur Darlegung der Mittellosigkeit, die letzten sechs Steuerveranlagungen bzw. die letzte eingereichte Steuererklärung sowie das Konto zur Gewährung von unentgeltlicher Rechtspflege offenzulegen? Oder muss ein Antragssteller auch genau darlegen, wer ihn unentgeltlich bei sich wohnen lässt?"  
Damit listet der Beschwerdeführer verschiedene praktische Fragen auf, die sich bei der Beurteilung von Gesuchen um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege stellen können oder den konkreten Fall betreffen. Ein kontroverses Rechtsproblem, das einer dringenden Klärung bedürfte, zeigt er damit nicht auf. 
 
1.4. Die Voraussetzung nach Art. 74 Abs. 2 lit. a BGG ist nicht erfüllt, weshalb die Beschwerde in Zivilsachen nicht offensteht. Die Eingabe des Beschwerdeführers ist daher als subsidiäre Verfassungsbeschwerde zu behandeln (Art. 113 BGG).  
 
2.  
Mit der subsidiären Verfassungsbeschwerde kann die Verletzung von verfassungsmässigen Rechten gerügt werden (Art. 116 BGG). Diesbezüglich gilt eine qualifizierte Rügepflicht. Das Bundesgericht prüft die Verletzung von Grundrechten nicht von Amtes wegen, sondern nur insofern, als eine solche Rüge in der Beschwerde vorgebracht und begründet worden ist (Art. 117 i.V.m. Art. 106 Abs. 2 BGG). Dies bedeutet, dass klar und detailliert anhand der Erwägungen des angefochtenen Entscheids darzulegen ist, inwiefern verfassungsmässige Rechte verletzt worden sein sollen (BGE 135 III 232 E. 1.2; 134 I 83 E. 3.2; je mit weiteren Hinweisen). 
 
3.  
Der Beschwerdeführer rügt unter Berufung auf Art. 9 BV eine willkürliche Anwendung von Art. 99 und Art. 117 ZPO
 
3.1. Willkür liegt nach der Rechtsprechung nicht schon dann vor, wenn eine andere Lösung ebenfalls vertretbar oder gar vorzuziehen wäre, sondern nur, wenn der angefochtene Entscheid offensichtlich unhaltbar ist, in klarem Widerspruch zur tatsächlichen Situation steht, eine Norm oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass verletzt oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft (BGE 148 III 95 E. 4.1; 144 II 281 E. 3.6.2; 141 III 564 E. 4.1; 140 III 16 E. 2.1; je mit Hinweisen). Das Bundesgericht hebt einen Entscheid nur auf, wenn er nicht bloss in der Begründung, sondern auch im Ergebnis unhaltbar ist (BGE 148 III 95 E. 4.1; 141 III 564 E. 4.1 mit Hinweisen).  
 
3.2. Der Beschwerdeführer vermag keine Verletzung von Art. 9 BV aufzuzeigen, indem er der Vorinstanz in allgemeiner Weise vorwirft, sie habe sich bei der Beurteilung des Anspruchs auf unentgeltliche Rechtspflege "auf völlig sachfremde und aktenwidrige Vermutungen" gestützt und Art. 99 Abs. 1 lit. b und d ZPO sowie Art. 117 lit. a ZPO willkürlich angewendet.  
Ebenso wenig zeigt er Willkür auf mit dem Vorbringen, die Vorinstanz gehe bei der Beurteilung der Sicherstellung der Parteientschädigung davon aus, dass die Einbringlichkeit einer Parteientschädigung der Beschwerdegegnerin nach Art. 99 Abs. 1 lit. b und d ZPO erheblich gefährdet sei, stelle jedoch dennoch fest, der Beschwerdeführer sei aufgrund der intransparenten Verhältnisse nicht bedürftig. Entgegen der in der Beschwerde vertretenen Ansicht ist kein unauflöslicher Widerspruch darin zu erkennen, wenn die Vorinstanz im Rahmen der Beurteilung des Gesuchs um unentgeltliche Rechtspflege erwog, es lägen hinsichtlich der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Beschwerdeführers höchst intransparente Verhältnisse vor und diesem vorwarf, er habe seine Mitwirkungspflicht verletzt, und gleichzeitig aufgrund der intransparenten finanziellen Verhältnisse und unklaren Wohnsitzverhältnisse sowie der bestehenden Verlustscheine und weiteren offenen Betreibungen die Einbringlichkeit einer allfälligen Parteientschädigung als erheblich gefährdet ansah. Der Beschwerdeführer verkennt, dass sein Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege wegen Verletzung der Mitwirkungspflicht abgewiesen wurde und nicht etwa, weil die Vorinstanz feststellte, der Beschwerdeführer verfüge zur Finanzierung des Prozesses über hinreichend Einkommen und Vermögen, geschweige denn, dieses könne im Rahmen eines Vollstreckungsverfahrens verwertet werden. 
Der Vorwurf der Willkür ist unbegründet. 
 
4.  
Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV). 
 
4.1. Der Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV) verlangt, dass die Behörde die Vorbringen der Beteiligten tatsächlich hört, prüft und bei der Entscheidfindung berücksichtigt. Daraus folgt die Verpflichtung der Behörde, ihren Entscheid zu begründen. Nicht erforderlich ist es jedoch, dass sie sich mit allen Parteistandpunkten einlässlich auseinandersetzt und jedes einzelne Vorbringen ausdrücklich widerlegt. Sie kann sich vielmehr auf die für den Entscheid wesentlichen Punkte beschränken. Die Begründung muss jedoch so abgefasst sein, dass sich die Betroffenen über die Tragweite des Entscheids Rechenschaft geben und ihn in voller Kenntnis der Sache an die höhere Instanz weiterziehen können. In diesem Sinne müssen wenigstens kurz die Überlegungen genannt werden, von denen sich die Behörde hat leiten lassen und auf die sich ihr Entscheid stützt (BGE 143 III 65 E. 5.2; 142 III 433 E. 4.3.2; 141 III 28 E. 3.2.4; je mit Hinweisen).  
 
4.2. Der Beschwerdeführer vermag keine Verletzung des Gehörsanspruchs aufzuzeigen, indem er der Vorinstanz vorwirft, sie habe sich nicht detailliert mit den offerierten Beweisen (Betreibungsregisterauszüge, Bankauszüge, Steuern) bezüglich seiner Mittellosigkeit auseinandergesetzt und habe nur pauschal angegeben, es sei wenig glaubhaft, dass er tatsächlich über kein Einkommen verfüge. Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers genügt die Begründung im angefochtenen Entscheid den verfassungsrechtlichen Anforderungen. Inwiefern es ihm verunmöglicht worden wäre, den angefochtenen Entscheid sachgerecht anzufechten, ist nicht erkennbar.  
Ebenso wenig liegt eine Verletzung des rechtlichen Gehörs darin begründet, dass die Vorinstanz aufgrund der unzureichenden Angaben des Beschwerdeführers in antizipierter Beweiswürdigung auf dessen Befragung verzichtete (vgl. BGE 143 III 297 E. 9.3.2; 140 I 285 E. 6.3.1; 138 III 374 E. 4.3.2). Ausserdem hat die Vorinstanz zutreffend darauf hingewiesen, dass das Gericht bei einer anwaltlich vertretenen Partei nicht verpflichtet ist, eine Nachfrist anzusetzen, um ein unvollständiges oder unklares Gesuch zu verbessern (vgl. Urteile 5A_176/2023 vom 9. Februar 2024 E. 6.3.1; 4A_2/2023 vom 13. Januar 2023 E. 3; 4A_622/2020 vom 5. Februar 2021 E. 2.4). 
 
5.  
Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung des Anspruchs auf ein unabhängiges und unparteiisches Gericht (Art. 30 Abs. 1 BV). 
Er verkennt jedoch die gesetzlichen Begründungsanforderungen (Art. 106 Abs. 2 BGG), wenn er unter Berufung auf Art. 30 Abs. 1 BV pauschal behauptet, es scheine so, als sei er bereits durch die Vorinstanz vorverurteilt worden, indem sie ihm "jegliche Glaubwürdigkeit" abgesprochen habe. Eine Verletzung verfassungsmässiger Rechte liegt auch in diesem Zusammenhang nicht vor. 
 
6.  
Die subsidiäre Verfassungsbeschwerde ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Dem Gesuch des Beschwerdeführers um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege für das bundesgerichtliche Verfahren kann nicht entsprochen werden, da die Beschwerde aussichtslos war (Art. 64 Abs. 1 BGG). Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend wird der Beschwerdeführer kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG). Den Beschwerdegegnern steht keine Parteientschädigung zu (Art. 68 Abs. 2 und 3 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Auf die Beschwerde in Zivilsachen wird nicht eingetreten. 
 
2.  
Die subsidiäre Verfassungsbeschwerde wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten wird. 
 
3.  
Das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege für das bundesgerichtliche Verfahren wird abgewiesen. 
 
4.  
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
5.  
Es werden keine Parteientschädigungen zugesprochen. 
 
6.  
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Schaffhausen, Präsidentin, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 11. Juni 2024 
 
Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Das präsidierende Mitglied: Kiss 
 
Der Gerichtsschreiber: Leemann