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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
7B_429/2023  
 
 
Urteil vom 3. Juni 2024  
 
II. strafrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Abrecht, Präsident, 
Bundesrichterin Koch, Bundesrichter Kölz, 
Gerichtsschreiber Stadler. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.A.________, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
Bundesanwaltschaft, 
Guisanplatz 1, 3003 Bern. 
 
Gegenstand 
Beschlagnahme (Art. 263 ff. StPO), 
 
Beschwerde gegen den Beschluss des Bundesstrafgerichts, Beschwerdekammer, vom 26. Juli 2023 (BB.2023.63). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Die Bundesanwaltschaft führt ein Strafverfahren gegen B.A.________ wegen Betrugs etc. 
 
B.  
Mit Verfügung vom 15. März 2023 wies die Bundesanwaltschaft die C.________ AG an, die auf dem Konto Nr. xxx und dem E-Trading Konto Nr. yyy, beide lautend auf A.A.________, angelegten oder verwalteten Vermögenswerte zu sperren und weder Guthaben noch sonstige Vermögenswerte auszuzahlen bzw. herauszugeben. Gegen diese Beschlagnahmeverfügung erhob A.A.________ Beschwerde an die Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts, welche die Beschwerde am 26. Juli 2023 abwies. 
 
C.  
Mit Eingabe vom 2. August 2023, ergänzt am 22. August 2023, führt A.A.________ Beschwerde in Strafsachen und beantragt im Wesentlichen, der Beschluss der Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts vom 26. Juli 2023 sei aufzuheben und die Sache "zur neuen umgehenden willkürsfreien Beurteilung" an die Vorinstanz zurückzuweisen. Eventualiter "sei die Summe von Fr. 20'000 meines Guthabens bei der C.________ AG zugunsten der Bundesanwaltschaft bis auf weiteres zu sperren, während die Beschlagnahmung/Konto- & Depotsperre meines restlichen Guthabens bei C.________ AG, Bern, unter IBAN Nr. xxx und E-Trading Konto Nr. yyy sofort aufzuheben ist". (Sub-) Eventualiter "sei die Summe von Fr. 20'000 meines Guthabens bei der C.________ AG sowie die Depotsperre von E-Trading Konto Nr. yyy zugunsten der Bundesanwaltschaft bis auf weiteres zu sperren, während die Beschlagnahmung Kontosperre meines restlichen Guthabens bei C.________ AG, Bern, unter IBAN Nr. xxx sofort aufzuheben ist". 
Mit Präsidialverfügung vom 1. September 2023 wurde das von A.A.________ gestellte Gesuch um aufschiebende Wirkung abgewiesen. 
Die Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts hat auf Vernehmlassung verzichtet. Die Bundesanwaltschaft schliesst auf Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten sei. A.A.________ hat eine Replik eingereicht und am 21. September 2023, 28. Februar 2024 und 21. Mai 2024 weitere Eingaben getätigt. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Das Bundesgericht beurteilt Beschwerden gegen Entscheide in Strafsachen (Art. 78 Abs. 1 BGG). Die Beschwerde ist zulässig gegen Entscheide letzter kantonaler Instanzen (Art. 80 BGG). Zur Beschwerde in Strafsachen ist berechtigt, wer vor der Vorinstanz am Verfahren teilgenommen hat oder keine Möglichkeit zur Teilnahme erhalten hat und ein rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Entscheids hat (Art. 81 Abs. 1 BGG). Gegen andere selbständig eröffnete Vor- und Zwischenentscheide als jene über die Zuständigkeit und über Ausstandsbegehren ist die Beschwerde zulässig, wenn sie einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken können (Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG). Beim drohenden nicht wieder gutzumachenden Nachteil im Sinne dieser Bestimmung muss es sich um einen solchen rechtlicher Natur handeln. Ein lediglich tatsächlicher Nachteil wie die Verteuerung oder Verlängerung des Verfahrens genügt nicht. Nicht wieder gutzumachend bedeutet, dass er auch mit einem für die beschwerdeführende Person günstigen Endentscheid nicht oder nicht vollständig behoben werden kann (BGE 148 IV 155 E. 1.1; 144 IV 321 E. 2.3; je mit Hinweisen). Woraus sich der nicht wieder gutzumachende Nachteil ergeben soll, ist in der Beschwerdeschrift darzulegen, sofern dies nicht offensichtlich ist (BGE 141 IV 284 E. 2.3, 289 E. 1.3; je mit Hinweisen). 
Nach ständiger Rechtsprechung können Beschlagnahmen von Vermögenswerten und insbesondere Kontosperren ohne Weiteres einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil für die Betroffenen bewirken (BGE 128 I 129 E. 1; 126 I 97 E. 1b; Urteile 7B_140/2022 vom 2. November 2023 E. 1.2; 1B_691/2021 vom 21. Juli 2022 E. 1.1; 1B_175/2015 vom 10. August 2015 E. 1, nicht publ. in: BGE 141 IV 360). Soweit sich die Beschwerde gegen die von der Bundesanwaltschaft verfügte Beschlagnahme der betroffenen Bankkonten richtet, kann darauf - unter Vorbehalt der nachfolgenden Ausführungen - grundsätzlich eingetreten werden. Auf die über diesen Verfahrensgegenstand hinausgehenden Anträge und Vorbringen der Beschwerdeführerin ist hingegen nicht einzutreten. 
 
2.  
Die Beschwerdeführerin macht sinngemäss geltend, die Bundesanwaltschaft hätte ihre Bankkonten nicht beschlagnahmen dürfen. 
 
2.1. Die Beschwerde an das Bundesgericht ist zu begründen (Art. 42 Abs. 1 BGG). In der Begründung ist in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Akt Recht verletzt (Art. 42 Abs. 2 BGG; BGE 143 I 377 E. 1.2). Die Begründung muss sachbezogen sein und erkennen lassen, dass und weshalb nach Auffassung der beschwerdeführenden Partei Recht verletzt ist (BGE 142 I 99 E. 1.7.1). Die beschwerdeführende Partei kann in der Beschwerdeschrift nicht bloss erneut die Rechtsstandpunkte bekräftigen, die sie im kantonalen Verfahren eingenommen hat, sondern hat mit ihrer Kritik an den als rechtsfehlerhaft erachteten Erwägungen der Vorinstanz anzusetzen (BGE 146 IV 297 E. 1.2 mit Hinweisen). Die Begründung der Beschwerde muss in der Beschwerdeschrift selbst enthalten sein, und der blosse Verweis auf Ausführungen in anderen Rechtsschriften oder auf die Akten reicht nicht aus (BGE 141 V 416 E. 4; BGE 138 IV 47 E. 2.8.1; je mit Hinweisen). Eine qualifizierte Begründungspflicht besteht, soweit die Verletzung von Grundrechten einschliesslich Willkür behauptet wird (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 148 IV 39 E. 2.3.5). Auf ungenügend begründete Rügen oder allgemeine appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid tritt das Bundesgericht nicht ein (BGE 147 IV 73 E. 4.1.2; 146 IV 114 E. 2.1; je mit Hinweisen).  
Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann die Sachverhaltsfeststellung nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 und Art. 105 Abs. 2 BGG). "Offensichtlich unrichtig" bedeutet dabei "willkürlich" (BGE 148 V 366 E. 3.3; 148 IV 409 E. 2.2; 147 IV 73 E. 4.1.2; je mit Hinweisen). 
 
2.2. Nach Art. 263 Abs. 1 lit. d und e StPO können Gegenstände und Vermögenswerte einer beschuldigten Person oder einer Drittperson beschlagnahmt werden, wenn die Gegenstände und Vermögenswerte voraussichtlich einzuziehen sind oder zur Deckung von Ersatzforderungen des Staates gemäss Art. 71 StGB gebraucht werden. Die StPO regelt als weitere strafprozessuale Beschlagnahmeart unter anderem die Kostendeckungsbeschlagnahme (Art. 263 Abs. 1 lit. b i.V.m. Art. 268 StPO).  
Gemäss Art. 70 StGB verfügt das Gericht die Einziehung von Vermögenswerten, die durch eine Straftat erlangt worden sind oder dazu bestimmt waren, eine Straftat zu veranlassen oder zu belohnen, sofern sie nicht der geschädigten Person zur Wiederherstellung des rechtmässigen Zustandes ausgehändigt werden (Abs. 1). Die Einziehung ist ausgeschlossen, wenn ein Dritter die Vermögenswerte in Unkenntnis der Einziehungsgründe erworben hat und soweit er für sie eine gleichwertige Gegenleistung erbracht hat oder die Einziehung ihm gegenüber sonst eine unverhältnismässige Härte darstellen würde (Abs. 2). Sind die der Einziehung unterliegenden Vermögenswerte nicht mehr vorhanden, so erkennt das Gericht auf eine Ersatzforderung des Staates in gleicher Höhe, gegenüber einer Drittperson jedoch nur, soweit dies nach Art. 70 Abs. 2 StGB nicht ausgeschlossen ist (Art. 71 Abs. 1 StGB). 
Strafprozessuale Zwangsmassnahmen können nur ergriffen werden, wenn ein hinreichender Tatverdacht vorliegt (Art. 197 Abs. 1 lit. b StPO). Sie müssen zudem verhältnismässig sein, dürfen also nur soweit angeordnet und aufrecht erhalten werden, als die angestrebten Ziele nicht durch mildere Massnahmen erreicht werden können und die Bedeutung der Straftat die Zwangsmassnahme rechtfertigt (Art. 197 Abs. 1 lit. c und d StPO). Zwangsmassnahmen, die in die Grundrechte nicht beschuldigter Personen eingreifen, sind besonders zurückhaltend einzusetzen (Art. 197 Abs. 2 StPO). Die Beschlagnahme ist eine konservatorische provisorische Massnahme, welche die Bewahrung von Gegenständen und Vermögenswerten bezweckt, die das Sachgericht unter anderem einziehen oder der geschädigten Person zurückerstatten könnte, oder die der Durchsetzung einer Ersatzforderung dienen könnten. Solange die Strafuntersuchung nicht abgeschlossen ist und die Möglichkeit einer Einziehung, einer Rückerstattung an die geschädigte Person oder einer Ersatzforderung besteht, ist die Aufrechterhaltung der Beschlagnahme daher grundsätzlich verhältnismässig (BGE 141 IV 360 E. 3.2; 140 IV 57 E. 4.1.2; Urteile 1B_455/2022 vom 17. Mai 2023 E. 4.3; 1B_418/2021 vom 2. Juni 2022 E. 3.2; 1B_76/2020 vom 6. Juli 2020 E. 4.1; je mit Hinweisen). 
 
2.3. Die Vorinstanz erwägt im Wesentlichen, ausgehend von den sich auf die Akten stützenden Darlegungen der Bundesanwaltschaft sei der hinreichende Tatverdacht gegen B.A.________ auf Betrug zulasten von D.________ zu bejahen. Die pauschalen Bestreitungen der Beschwerdeführerin würden daran nichts ändern. Ebenso leuchte der von der Bundesanwaltschaft dargelegte Zusammenhang zwischen den zu Zwecken der Einziehung bzw. Ersatzforderung sowie Kostendeckung gesperrten Vermögenswerten und der untersuchten Straftat ohne Weiteres ein. Soweit die Beschwerdeführerin die Vermischung der mutmasslich inkriminierten, auf ihr C.________-Konto überwiesenen Fr. 20'000.-- mit dem übrigen Kontovermögen bestreite, liege sie falsch. Die inhaltliche Richtigkeit der Beschwerdebeilagen sowie deren Gegendarstellung sei Gegenstand der laufenden Ermittlungen, weshalb die Beschwerdeführerin daraus nichts Abschliessendes für das vorliegende Beschwerdeverfahren ableiten könne. Dasselbe gelte auch, soweit die Beschwerdeführerin den Verdacht der Bundesanwaltschaft bestreite, wonach die gesperrten Vermögenswerte ihrem Ehemann B.A.________ zuzurechnen seien. Nach den unbestritten gebliebenen Ausführungen der Bundesanwaltschaft hätten die Saldi der beiden gesperrten Konten der Beschwerdeführerin am 15. März 2023 gesamthaft Fr. 65'788.09, d.h. Fr. 11'822.29 und 26'816 Aktien E.________ AG im Wert von Fr. 53'830.--, zuzüglich einer Liquidität von Fr. 135.80, betragen. Da die Beträge auf den gesperrten Konten der Beschwerdeführerin kleiner seien, als die mutmasslich zweckentfremdeten Vermögenswerte von D.________, seien die Kontosperren auch unter diesem Gesichtspunkt als verhältnismässig zu beurteilen. Die Beschwerdeführerin habe zwar erklärt, die Sperrung ihrer Vermögenswerte sei unangebracht und unverhältnismässig, weil am 22. März 2022 Vermögenwerte der F.________ im Gesamtwert von Fr. 110'000.-- bei der Bank G.________ gesperrt worden seien. Unterlagen, welche ihre Darstellung stützen würden, habe die Beschwerdeführerin aber nicht eingereicht, weshalb auf ihre Argumentation bereits aus diesem Grund nicht weiter einzugehen sei. Entgegen der Beschwerdeführerin bestehe zudem kein Grund zur Annahme, sie sei gutgläubig (im Sinne von Art. 70 Abs. 2 StGB) gewesen und habe keine Ahnung - weder von der angespannten finanziellen Situation ihres Ehemannes noch von seinem strafrechtlichen Vorleben, den damit verbundenen Verurteilungen und seinen aktuellen Aktivitäten - gehabt.  
 
2.4. Die Beschwerdeführerin kommt ihrer Begründungspflicht nicht hinreichend nach. Was den Tatverdacht gegen ihren Ehemann B.A.________ auf Betrug sowie den Zusammenhang zwischen den auf ihren Konten gesperrten Vermögenswerten und der untersuchten Straftat betrifft, wiederholt die Beschwerdeführerin über weite Strecken bereits früher vorgebrachte und beurteilte Argumente. Eine eingehende Auseinandersetzung mit den vorinstanzlichen Feststellungen, die sich auf die Darlegungen der Bundesanwaltschaft stützen, fehlt. Auf die insoweit rein appellatorische Kritik der Beschwerdeführerin ist nicht weiter einzugehen. Im Übrigen hat sich die Vorinstanz mit den Rügen der Beschwerdeführerin ausführlich auseinandergesetzt; deren Behauptung, die Vorinstanz habe ihren Gehörsanspruch verletzt, ist unbegründet. Inwiefern die verfügte Beschlagnahme der Vermögenswerte sonstwie Bundesrecht verletzen sollte, legt die Beschwerdeführerin in ihrer weitschweifigen Beschwerde nicht (rechtsgenüglich) dar und ist auch nicht erkennbar.  
 
3.  
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit überhaupt darauf einzutreten ist. Die Gerichtskosten sind ausgangsgemäss der Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten wird. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin, der Bundesanwaltschaft und dem Bundesstrafgericht, Beschwerdekammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 3. Juni 2024 
 
Im Namen der II. strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Abrecht 
 
Der Gerichtsschreiber: Stadler