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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
1F_6/2024  
 
 
Urteil vom 1. Juli 2024  
 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Kneubühler, Präsident, 
Bundesrichter Haag, Merz, 
Gerichtsschreiber Bisaz. 
 
Verfahrensbeteiligte 
Roman Bolliger, 
Gesuchsteller, 
 
gegen  
 
Gemeinderat Hochdorf, 
Hauptstrasse 3, 6280 Hochdorf, 
Regierungsrat des Kantons Luzern, Regierungsgebäude, Bahnhofstrasse 15, Postfach 3768, 6002 Luzern, 
handelnd durch das Justiz- und Sicherheitsdepartement des Kantons Luzern, Bahnhofstrasse 15, Postfach 3768, 6002 Luzern, 
Kantonsgericht Luzern, 4. Abteilung, Obergrundstrasse 46, 6003 Luzern. 
 
Gegenstand 
Revisionsgesuch gegen das Urteil des Schweizerischen Bundesgerichts vom 12. Dezember 2023 (1C_433/2022). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Mit Urteil 1C_433/2022 vom 12. Dezember 2023 hat das Bundesgericht die Beschwerde von Roman Bolliger gegen das Urteil des Kantonsgerichts Luzern vom 30. Juni 2022 betreffend die Gemeindeinitiative in der Luzerner Gemeinde Hochdorf unter dem Titel "Hochdorf nutzt die Solarenergie" abgewiesen. 
 
B.  
Gegen dieses Urteil reicht Roman Bolliger mit Schreiben vom 12. Februar 2024 ein Revisionsgesuch beim Bundesgericht ein. 
Das Bundesgericht hat auf die Durchführung eines Schriftenwechsels verzichtet. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Entscheide des Bundesgerichts erwachsen am Tag ihrer Ausfällung in Rechtskraft (Art. 61 BGG). Eine nochmalige Überprüfung der vom Bundesgericht beurteilten Streitsache ist grundsätzlich ausgeschlossen. Das Gericht kann auf seine Urteile nur zurückkommen, wenn einer der in den Art. 121 ff. BGG abschliessend aufgeführten Revisionsgründe vorliegt. Revisionsgesuche haben den Begründungsanforderungen von Art. 42 Abs. 2 BGG zu genügen, weshalb der Gesuchsteller in gedrängter Form darzulegen hat, inwiefern die von ihm behaupteten Revisionsgründe vorliegen sollen. 
 
2.  
Der Gesuchsteller macht mehrere Revisionsgründe geltend. 
 
2.1. Als erstes bringt er vor, das Bundesgericht habe aus Versehen eine in den Akten liegende Tatsache nicht berücksichtigt (Art. 121 lit. d BGG). Die Initiative, um die es im angefochtenen Entscheid gegangen sei, sehe in ihrem Art. 6 vor, dass der Netzbetreiber den von der Initiative vorgesehenen Solarstromfonds über einen zusätzlichen Betrag pro ins Gemeindegebiet gelieferte kWh Strom ausreichend finanziere. Das Bundesgericht habe erwogen, dies könne als eine Abgabe aufgefasst werden, die nicht voraussetzungslos geschuldet sei, und entsprechend als etwas anderes als eine Steuer qualifiziert werden; die Vorinstanz habe eine entsprechende Abgabe auch als Steuer qualifizieren können, ohne in Willkür zu verfallen. Bei der Beurteilung sei offenbar aus Versehen vergessen gegangen, dass der Initiativtext in Art. 8 dem Gemeinderat die Kompetenz gebe, weitere Ausführungsbestimmungen zu diesem Reglement zu erlassen. Der Gemeinderat könne gestützt auf diese Bestimmung dafür sorgen, dass solche Vorteile sehr wohl realisierbar seien und damit in jedem Fall keine Steuer vorliege.  
Das Urteil des Bundesgerichts setzt sich mit dem Initiativtext auseinander. Es ist offensichtlich, dass auch Art. 8 des Initiativtexts berücksichtigt wurde. Was der Gesuchsteller im Grunde vorbringt, ist nicht, dass das Bundesgericht im Sinne von Art. 121 lit. d BGG eine in den Akten liegende Tatsache nicht berücksichtigt habe, sondern, dass das Urteil inhaltlich falsch sei. Er kritisiert somit den Rechtsstandpunkt des Bundesgerichts, nicht ein Sachverhaltselement in den Akten (vgl. hierzu ELISABETH ESCHER, in: Basler Kommentar, Bundesgerichtsgesetz, 3. Aufl. 2018, N. 9 f. zu Art. 121). Darin liegt jedoch kein Revisionsgrund. 
 
2.2. Den gleichen Revisionsgrund (Art. 121 lit. d BGG) macht er in einem weiteren Zusammenhang geltend. So sehe der Initiativtext vor, auch die Anpassung des Konzessionsvertrags sei eine Möglichkeit zur Einführung einer der Initiative entsprechenden Regelung. Dies beziehe sich insbesondere auch auf die Möglichkeit, den zusätzlichen Betrag pro ins Gemeindegebiet gelieferte kWh Strom durch Anpassung des Konzessionsvertrags über eine Erhöhung der Konzessionsgebühr einzuführen. Das Bundesgericht habe somit diese wesentliche Aktenstelle im Unterschriftenbogen zur Initiative nicht mit ihrem wirklichen Wortlaut oder zumindest nicht in ihrer tatsächlichen Tragweite wahrgenommen, was die erneute Prüfung des Falls rechtfertige.  
Auch diesbezüglich ist entgegen der Ansicht des Gesuchstellers nicht ein Sachverhaltselement aus Versehen nicht berücksichtigt worden. Vielmehr wurde diesem Sachverhaltselement keine entscheidende Bedeutung für den Ausgang des Verfahrens zuerkannt. Dieser Rechtsstandpunkt wird vom Gesuchsteller nicht geteilt, das Bundesgericht hat indes im Rahmen einer Revision nicht darauf zurückzukommen (vgl. vorne E. 2.1). 
 
2.3. Der Gesuchsteller bringt weiter vor, in seiner Beschwerde habe er eventualiter beantragt, den angefochtenen Entscheid aufzuheben und die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Diesen Antrag habe das Bundesgericht unbeurteilt gelassen, weshalb der Revisionsgrund nach Art. 121 lit. c BGG gegeben sei.  
Der Gesuchsteller dringt mit diesem Vorbringen nicht durch. Entgegen seiner Ansicht reicht es nicht aus, wenn die Vorinstanz bei Kenntnis des Bundesgerichtsentscheids allenfalls anders entschieden hätte, würde ihr die Sache zur Neubeurteilung zurückgewiesen. Voraussetzung für die Rückweisung ist vielmehr, dass das angefochtene Urteil vom Bundesgericht im Rahmen seines Prüfungsmassstabs als rechtswidrig qualifiziert wird. Beschränkt sich die Prüfungsbefugnis des Bundesgerichts darauf zu beurteilen, ob der angefochtene Entscheid willkürlich sei, kann dieser vom Bundesgericht auch dann nicht aufgehoben und die Sache zur Neubeurteilung zurückgewiesen werden, wenn eine andere Lösung ebenfalls als vertretbar oder gar zutreffender erscheint (vgl. BGE 144 I 113 E. 7.1; 142 II 369 E. 4.3). Im kritisierten Bundesgerichtsentscheid wird das angefochtene Urteil nicht als rechtswidrig qualifiziert, weshalb eine Aufhebung ausgeschlossen war - und damit auch eine Rückweisung der Sache zur Neubeurteilung. Damit wurde nicht nur der Hauptantrag abgewiesen, sondern auch der hier geltend gemachte Eventualantrag. 
 
2.4. Der Gesuchsteller reicht zudem Unterlagen ein, die er im früheren Verfahren nicht habe beibringen können, da er davon erst nachträglich erfahren habe. Sinngemäss bringt er vor, es handle sich dabei um erhebliche Tatsachen oder entscheidende Beweismittel im Sinne von Art. 123 Abs. 2 lit. a BGG, die einen Revisionsgrund bilden würden.  
 
2.4.1. Der Gesuchsteller führt aus, das Bundesgericht beschreibe, welche Gründe aus seiner Sicht dafür sprechen würden, dass der zusätzliche Betrag pro kWh Strom als Steuer qualifiziert werden könne. Es anerkenne dabei zwar, dass Ökostrom-Zertifikate gehandelt werden könnten, stelle sich allerdings auf den Standpunkt, dass vorliegend diese Vorteile nicht realisierbar, sondern rein theoretischer Natur seien. Der Gesuchsteller reicht nun Unterlagen einer akkreditierten Zertifizierungsstelle für die Erfassung von Herkunftsnachweisen ein. Diese sollen belegen, dass Herkunftsnachweise und damit der ökologische Mehrwert von Solarstrom nicht nur dazu verwendet werden könne, um zu bestätigen, dass Ökostrom konsumiert wurde, im Sinne einer Quittung, wie das Bundesgericht geschrieben habe. Vielmehr seien Herkunftsnachweise konkret handelbar. Bei einer Umsetzung der Initiative könne die Gemeinde oder ein von ihr mit der Umsetzung beauftragtes Unternehmen Herkunftsnachweise von den Solarstromproduzenten erhalten und diese auf Endverbraucherinnen und Endverbraucher übertragen. Das gelte insbesondere, wenn diese einen Weiterverkauf der entsprechenden Herkunftsnachweise wünschten statt einer blossen Quittung, dass Solarstrom produziert wurde. Weiter sei es auch möglich, dass Endverbraucherinnen und Endverbraucher, welche die ihnen zustehenden Herkunftsnachweise veräussern möchten, die Gemeinde oder das für den Vollzug ausgewählte Unternehmen beauftragen, die entsprechenden Herkunftsnachweise für sie zu verkaufen und ihnen den Erlös weiterzugeben.  
Der Gesuchsteller schreibt, ihm seien die entsprechenden Unterlagen zuvor nicht bekannt gewesen. Er habe ausserdem keinen Anlass gehabt, entsprechende Unterlagen bereits mit der Beschwerde vor Bundesgericht einzubringen, da im Verfahren zuvor die Realisierbarkeit von Vorteilen aus dem Handel mit dem ökologischen Mehrwert nicht in Frage gestellt worden sei. Vielmehr habe das Kantonsgericht zuvor das Thema der Handelbarkeit des ökologischen Mehrwerts bzw. der entsprechenden Herkunftsnachweise gar nicht thematisiert gehabt. Daher sei er davon ausgegangen, der Hinweis auf die Handelbarkeit des ökologischen Mehrwerts in Form von Herkunftsnachweisen reiche aus, um deren möglichen Vorteile aufzuzeigen. Es sei ihm nicht bewusst gewesen, dass zwar eine grundsätzliche Handelbarkeit von Ökokostrom-Zertifikaten vom Bundesgericht bejaht werden könnte, es darüber hinaus jedoch um die Frage gehen würde, ob sich daraus Vorteile realisieren liessen. Demzufolge habe er die entsprechenden Unterlagen nicht im früheren Verfahren beibringen können. 
 
2.4.2. Gemäss Art. 123 Abs. 2 lit. a BGG kann die Revision eines Entscheids des Bundesgerichts in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten verlangt werden, wenn die ersuchende Partei nachträglich erhebliche Tatsachen erfährt oder entscheidende Beweismittel auffindet, die sie im früheren Verfahren nicht beibringen konnte, unter Ausschluss der Tatsachen und Beweismittel, die erst nach dem Entscheid entstanden sind. Unter erheblichen Tatsachen sind solche zu verstehen, die geeignet sind, die tatsächliche Grundlage des angefochtenen Urteils zu verändern und bei zutreffender rechtlicher Würdigung zu einer anderen Entscheidung zu führen (BGE 147 III 238 E. 4.1). Unter entscheidenden Beweisen sind solche zu verstehen, die geeignet sind, eine Änderung des Urteils zugunsten des Gesuchstellers zu bewirken (BGE 147 III 238 E. 4.2).  
 
2.4.3. Der Gesuchsteller äussert sich dahingehend, dass er die nun eingereichten Unterlagen im bundesgerichtlichen Verfahren nicht gekannt habe. Dass er genau diese Unterlagen nicht kannte, ist jedoch nicht relevant. Was er vorliegend geltend macht, ist, dass Herkunftsnachweise handelbar seien. Nachweise dieser Tatsache müssten im Zeitpunkt des Beschwerdeverfahrens vor Bundesgericht dem Gesuchsteller nicht bekannt gewesen sein. Dies bringt er jedoch nicht vor. Vielmehr äussert er sich dahingehend, er habe keinen Anlass gehabt, "entsprechende Unterlagen" bereits mit der Beschwerde vor Bundesgericht einzubringen. Offensichtlich waren ihm somit Unterlagen bekannt, welche die nun vorgebrachte Tatsache hätten beweisen können. Die Revision dient indes nicht dazu, versäumte Vorbringen nachzuholen. Damit handelt es sich bei den eingebrachten Unterlagen nicht um solche im Sinne von Art. 123 Abs. 2 lit. a BGG und es kann auf das Revisionsgesuch insoweit nicht eingetreten werden.  
 
2.5. Aus den weiteren Vorbringen des Gesuchstellers ergibt sich ebenfalls nicht, dass ein Revisionsgrund nach Art. 121 ff. BGG vorliegen würde. Vielmehr übt er damit im Revisionsverfahren unbeachtliche Kritik an der Rechtsanwendung. Auch sonst bestehen keine Anhaltspunkte für das Bestehen eines Revisionsgrundes gemäss Art. 121 ff. BGG. Das Revisionsgesuch ist daher ohne Schriftenwechsel (Art. 127 BGG) abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist.  
 
3.  
Bei diesem Verfahrensausgang ist der Gesuchsteller kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG). Parteientschädigungen sind keine zuzusprechen (Art. 68 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Das Revisionsgesuch wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 200.-- werden dem Gesuchsteller auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird dem Gesuchsteller, dem Gemeinderat Hochdorf, dem Regierungsrat des Kantons Luzern und dem Kantonsgericht Luzern, 4. Abteilung, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 1. Juli 2024 
 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Kneubühler 
 
Der Gerichtsschreiber: Bisaz