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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
8C_73/2024  
 
 
Urteil vom 14. Mai 2024  
 
IV. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Wirthlin, Präsident, 
Bundesrichter Maillard, Métral, 
Gerichtsschreiberin Huber. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________ AG, 
vertreten durch Rechtsanwältin Nicole Beranek Zanon, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (Suva), Rechtsabteilung, Fluhmattstrasse 1, 6002 Luzern, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Unfallversicherung, 
 
Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 14. Dezember 2023 (UV.2023.00171). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Die A.________ AG erhob Einsprache gegen die definitive Prämienrechnung des Jahres 2022 der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (Suva) vom 13. Juni 2023. Diese wies die Einsprache mit Entscheid vom 3. November 2023 ab. 
 
B.  
Dagegen erhob die A.________ AG am 6. Dezember 2023 Beschwerde beim Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich. Ausserdem ersuchte sie mit Eingabe vom 7. Dezember 2023 um Wiederherstellung der 30-tägigen Beschwerdefrist. Mit Beschluss vom 14. Dezember 2023 wies das Sozialversicherungsgericht das Fristwiederherstellungsgesuch ab und trat auf die Beschwerde nicht ein. 
 
C.  
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragt die A.________ AG die Aufhebung des vorinstanzlichen Beschlusses. Die Frist sei wiederherzustellen und die Sache sei an das kantonale Gericht zurückzuweisen. 
Nach Beizug der Akten verzichtet das Bundesgericht auf einen Schriftenwechsel. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Anfechtungsobjekt ist der Beschluss des kantonalen Gerichts vom 14. Dezember 2023, mit dem das Fristwiederherstellungsgesuch der Beschwerdeführerin gestützt auf Art. 60 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 41 ATSG abgewiesen und auf die Beschwerde nicht eingetreten worden ist. Es handelt sich dabei um einen das vorinstanzliche Verfahren abschliessenden Endentscheid im Sinne von Art. 90 BGG, gegen den die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten offen steht (vgl. Urteil 9C_753/2007 vom 29. August 2008 E. 1.1 und 1.2). 
 
2.  
 
2.1. Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Dennoch prüft es - offensichtliche Fehler vorbehalten - nur die in seinem Verfahren gerügten Rechtsmängel (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG; BGE 145 V 57 E. 4.2 mit Hinweis).  
 
2.2. Im Beschwerdeverfahren um die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen der Militär- oder Unfallversicherung ist das Bundesgericht nicht an die vorinstanzliche Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gebunden (Art. 97 Abs. 2 und Art. 105 Abs. 3 BGG). Diese ausnahmsweise uneingeschränkte bundesgerichtliche Sachverhaltskontrolle gelangt hier nicht zur Anwendung, betrifft die vorliegende Streitigkeit doch zwar grundsätzlich den Sozialversicherungszweig der Unfallversicherung nach UVG, erfasst aber nicht die - für eine Anwendung der Ausnahmeregelung erforderliche - "Zusprechung oder Verweigerung" von Geldleistungen (vgl. Urteil 8C_77/2020 vom 17. März 2020 E. 2.2 und 3, in: SVR 2020 UV Nr. 36 S. 145; vgl. auch BGE 135 V 412 E. 1.2.2; Urteile 8C_114/2020 vom 3. Juni 2020 E. 2.2, nicht publ. in: BGE 146 V 195, aber in: SVR 2020 UV Nr. 39 S. 155; 8C_411/2021 vom 27. August 2021 E. 1.2). Das Bundesgericht kann daher die vorinstanzliche Sachverhaltsfeststellung im vorliegenden Fall nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Verfahrensausgang entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 und Art. 105 Abs. 2 BGG).  
 
3.  
Streitig und zu prüfen ist, ob das kantonale Gericht zu Recht das mit Eingabe vom 7. Dezember 2023 (unter Beilage des Zeugnisses von Dr. med. B.________, Fachärztin Allgemeine Innere Medizin, vom 7. Dezember 2023) gestellte Gesuch der Beschwerdeführerin um Wiederherstellung der Rechtsmittelfrist abgewiesen hat und auf die gegen den Einspracheentscheid der Suva erhobene Beschwerde nicht eingetreten ist. 
 
4.  
 
4.1. Ist die gesuchstellende Person oder ihre Vertretung unverschuldeterweise abgehalten worden, binnen Frist zu handeln, so wird diese wiederhergestellt, sofern sie unter Angabe des Grundes innert 30 Tagen nach Wegfall des Hindernisses darum ersucht und die versäumte Rechtshandlung nachholt (Art. 41 ATSG). Diese Bestimmung findet aufgrund der Verweisungsnorm des Art. 60 Abs. 2 ATSG auch auf das Rechtspflegeverfahren vor dem kantonalen Versicherungsgericht sinngemäss Anwendung.  
 
4.2. Ein Krankheitszustand bildet nur dann ein unverschuldetes, zur Wiederherstellung führendes Hindernis, wenn und solange er jegliches auf die Fristwahrung gerichtetes Handeln verunmöglicht. Die Erkrankung muss derart sein, dass die rechtsuchende Person oder ihre Vertretung durch sie davon abgehalten wird, selber innert Frist zu handeln oder eine Drittperson mit der Vornahme der Prozesshandlung zu betrauen (Urteil 8C_95/2015 vom 1. Juni 2015 E. 6.1 mit Hinweisen). Dass es sich so verhält, muss mit einschlägigen Arztzeugnissen belegt werden, wobei die blosse Bestätigung eines Krankheitszustandes und regelmässig selbst einer vollständigen Arbeitsunfähigkeit zur Anerkennung eines Hindernisses nicht genügt (Urteile 8C_554/2010 vom 4. August 2010 E. 4.2; 6B_230/2010 vom 15. Juli 2010 E. 2.2 mit weiteren Hinweisen).  
Für die Frage des unverschuldeten Hindernisses macht es grundsätzlich keinen Unterschied, ob die Verhinderung die Anwältin oder den Anwalt oder aber die Klientschaft selber trifft, haben sich Erstere doch so zu organisieren, dass die Fristen im Falle einer Verhinderung trotzdem gewahrt bleiben. Das geschieht durch umgehende Bestellung eines Substituten oder bei fehlender Substitutionsvollmacht dadurch, dass die Klientin oder der Klient sogleich veranlasst wird, selbst zu handeln oder eine andere Anwältin oder einen anderen Anwalt aufzusuchen (BGE 119 II 86 E. 2a mit diversen Hinweisen; Urteil 8C_767/2008 vom 12. Januar 2009 E. 5.2.2). 
 
5.  
Gemäss Vorinstanz sei unbestritten, dass die 30-tägige Beschwerdefrist am Montag, 4. Dezember 2023 geendet habe. Die Rechtsschrift sei erst am 6. Dezember 2023 und damit verspätet der Post übergeben worden. Im Zeugnis vom 7. Dezember 2023 habe Dr. med. B.________ der Rechtsvertreterin vom 4. bis und mit 6. Dezember 2023 eine 100%ige Arbeitsunfähigkeit attestiert, so das kantonale Gericht weiter. Dass eine derart gravierende Erkrankung vorgelegen habe, die der Anwältin jegliches auf die Fristwahrung gerichtetes Handeln verunmöglicht habe, werde jedoch nicht dargetan und ergebe sich auch nicht aus den Akten. So habe die Rechtsvertreterin denn auch gemäss eigenen Angaben die Beschwerdeschrift noch während der ihr attestierten Arbeitsunfähigkeit am 6. Dezember 2023 verfasst und diese gleichentags eingereicht. Weiter hat die Vorinstanz erwogen, dass die Anwältin nicht darlege, weshalb es ihr nicht möglich gewesen sein sollte, eine Vertretung oder eine andere geeignete Drittperson beizuziehen. Die Anwaltschaft habe sich so zu organisieren, dass die Fristen im Falle einer Verhinderung trotzdem gewahrt blieben. Es bestehe hier kein entschuldbarer Grund dafür, dass die Beschwerdeschrift nicht innert Frist aufgegeben worden sei. 
 
6.  
Die Beschwerdeführerin rügt eine unrichtige Rechtsanwendung durch das kantonale Gericht, indem dieses die Fristwiederherstellung verweigert habe und auf die Beschwerde nicht eingetreten sei. 
 
6.1. Die Wiederherstellung beurteilt sich grundsätzlich nach Massgabe der Gesuchsbegründung (BGE 119 II 86 E. 2b). Gemäss Ausführungen in der Beschwerde habe die Rechtsvertreterin an einer schweren Migräne mit Aura und einer damit verbundenen starken Übelkeit sowie an Licht- und Geräuschempfindlichkeit gelitten. Es sei ihr daher nicht möglich gewesen, die Beschwerdeschrift fristgerecht an das kantonale Gericht einzureichen. Es hätte auch keine andere Vertretung eine solche einreichen können, da zu jener Zeit keine weiteren Rechtsanwälte in der Kanzlei beschäftigt gewesen seien. Die Rechtsvertreterin der Beschwerdeführerin habe sich dann am 6. Dezember 2023 trotz Krankheit dazu durchgerungen, die Beschwerde zu verfassen und einzureichen. Die Beauftragung einer externen Rechtsvertretung wäre zu kurzfristig gewesen.  
 
6.2. Wie bereits festgehalten (vgl. E. 4.2 hiervor), muss die Rechtsvertreterin durch die Erkrankung davon abgehalten worden sein, selber innert Frist zu handeln oder eine Drittperson mit der Vornahme der Prozesshandlung zu betrauen, wofür die blosse Bestätigung einer vollständigen Arbeitsunfähigkeit zur Anerkennung eines Hindernisses nicht genügt. Soweit die Beschwerdeführerin diesbezüglich moniert, es würde für die Anwaltschaft ein Massstab angewendet, wie dieser nicht einmal bei Arbeitnehmenden gefordert werde, kann sie nichts zu ihren Gunsten ableiten. Denn im Rahmen von Art. 41 ATSG gelten für alle, das heisst sowohl für die Anwaltschaft wie auch für die rechtsuchenden Personen, die gleichen Voraussetzungen.  
 
6.3. Das kantonale Gericht hat der Rechtsvertreterin die Erkrankung an sich nicht abgesprochen. Allerdings ist es nach Würdigung der konkreten Gegebenheiten weder offensichtlich unrichtig noch sonstwie bundesrechtswidrig zum Schluss gelangt, dass keine derart gravierende Krankheit dargetan worden ist, die jegliches auf die Fristwahrung gerichtetes Handeln verunmöglicht hat. Solches ergibt sich bereits aus dem Umstand, dass die Rechtsvertreterin trotz attestierter 100%iger Arbeitsunfähigkeit vom 4. bis und mit 6. Dezember 2023 die Beschwerde in diesem Zeitraum selbst verfasste. Bei diesem Ergebnis ist auf die Rügen der Beschwerdeführerin betreffend das Beiziehen einer Vertretung beziehungsweise einer geeigneten Drittperson nicht weiter einzugehen.  
 
6.4. Vor dem Hintergrund des Gesagten hat die Vorinstanz zu Recht einen entschuldbaren Grund für die verspätete Eingabe verneint und bundesrechtskonform das Gesuch um Wiederherstellung der Frist abgewiesen. Mithin ist das vorinstanzliche Nichteintreten auf die Beschwerde rechtens.  
 
7.  
 
7.1. Die Beschwerdeführerin beruft sich schliesslich pauschal auf die Persönlichkeitsrechte und den Datenschutz ihrer Rechtsvertreterin und ersucht im vorliegenden Verfahren um deren Anonymisierung im Rubrum.  
 
7.2. Gemäss Art. 27 Abs. 2 BGG hat die Veröffentlichung der Entscheide grundsätzlich in anonymisierter Form zu erfolgen. Die Anonymisierung bezieht sich dabei auf die Verfahrensbeteiligten, jedoch nicht auf die Rechtsvertreterinnen und Rechtsvertreter (Urteile 2E_2/2013 vom 30. Oktober 2014 E. 3.2.1; 2E_1/2013 vom 4. September 2014 E. 4.3.1; 2C_54/2014 vom 2. Juni 2014 E. 4; 1B_235/2011 vom 24. Mai 2011 E. 4.3; PAUL TSCHÜMPERLIN, Basler Kommentar, Bundesgerichtsgesetz, 3. Aufl. 2018, N. 16 zu Art. 27 BGG). Parteien und Rechtsvertretungen werden folglich ungleich behandelt, was darauf zurückzuführen ist, dass deren Funktion im gerichtlichen Verfahren in keiner Weise vergleichbar ist. Die Anonymisierung der Namen der verfahrensbeteiligten Parteien findet ihre Begründung darin, dass die Parteien sich durch die Publikation ihrer Namen unter Umständen davon abhalten lassen könnten, an das Gericht zu gelangen (Urteil 2C_54/2014 vom 2. Juni 2014 E. 4.2; PAUL TSCHÜMPERLIN, a.a.O., N. 15b zu Art. 27 BGG). Dies gilt es zu verhindern. Keinen derartigen Schutzmechanismus können die Rechtsvertretungen anrufen, insbesondere die gewerbsmässig tätigen Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte. Zu deren beruflichen Aufgaben zählt vornehmlich auch, die Klientschaft vor Gericht zu vertreten. Wird die Identität der Rechtsvertretung bekannt, so berührt dies nicht die Ausübung ihrer höchstpersönlichen Rechte, sondern die äusserlich sichtbare Wahrnehmung ihrer beruflichen Pflichten. Hierbei unterstehen die Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte im Interesse des rechtsuchenden Publikums einer staatlichen Aufsicht. Die gewerbsmässige Rechtsvertretung nimmt eine besondere Aufgabe im Dienste der Klientschaft und der Rechtspflege wahr (BGE 139 II 173 E. 5.1; 130 II 87 E. 4.2; 123 I 12 E. 2c/aa), die ihrerseits dem Öffentlichkeitsprinzip unterliegt ("Justizöffentlichkeit"; vgl. zum Ganzen Urteil 2E_4/2019 vom 28. Oktober 2021 E. 3.2.4, in: AJP 2022 S. 359).  
 
7.3. Die Beschwerde zeigt nicht rechtsgenügend auf, weshalb im vorliegenden Fall von diesen Grundsätzen abgewichen und entsprechend eine Ausnahme in Betracht gezogen werden soll.  
 
8.  
Die Beschwerde ist unbegründet und abzuweisen. 
 
9.  
Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend sind die Gerichtskosten der unterliegenden Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 1'500.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 14. Mai 2024 
 
Im Namen der IV. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Wirthlin 
 
Die Gerichtsschreiberin: Huber