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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
2C_686/2022  
 
 
Urteil vom 15. November 2022  
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Aubry Girardin, Präsidentin, 
Bundesrichter Donzallaz, 
Bundesrichterin Ryter, 
Gerichtsschreiber Businger. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführer, 
vertreten durch BUCOFRAS, 
Juristische Beratung für Ausländer, 
MLaw Alfred Ngoyi Wa Mwanza, 
 
gegen  
 
Migrationsamt des Kantons Zürich, 
Berninastrasse 45, 8090 Zürich, 
Sicherheitsdirektion des Kantons Zürich, 
Neumühlequai 10, 8090 Zürich. 
 
Gegenstand 
Nichtverlängerung der Aufenthaltsbewilligung; 
Wiedererwägung, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts 
des Kantons Zürich, 4. Abteilung, vom 16. Juni 2022 
(VB.2022.00163). 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. A.________ (geb. 1984) ist kosovarischer Staatsangehöriger. Er heiratete am 11. August 2004 eine in der Schweiz niedergelassene Landsfrau, reiste am 16. April 2005 in die Schweiz ein und erhielt eine Aufenthaltsbewilligung im Familiennachzug. Aus der Ehe gingen zwei Kinder hervor (geb. 2007 und 2011), die über die Niederlassungsbewilligung verfügen.  
 
1.2. Angesichts seiner Verschuldung wurde A.________ ab 2013 regelmässig auf die Folgen des Nichterfüllens finanzieller Verpflichtungen hingewiesen und zudem am 6. Juli 2018 und 17. März 2020 förmlich verwarnt. Nachdem sich die Lage nicht verbessert hatte, verweigerte das Migrationsamt des Kantons Zürich am 12. November 2021 die Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung und wies A.________ aus der Schweiz weg. Dieser Entscheid erwuchs in Rechtskraft. Zudem verhängte das Staatssekretariat für Migration am 4. Januar 2022 ein zweijähriges Einreiseverbot gegen A.________.  
 
1.3. Am 14. Januar 2022 reichte A.________ ein Wiedererwägungsgesuch ein. Das Migrationsamt des Kantons Zürich trat darauf am 27. Januar 2022 nicht ein. Die dagegen erhobenen Rechtsmittel wiesen die Sicherheitsdirektion des Kantons Zürich am 18. Februar 2022 und das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich am 16. Juni 2022 ab. In der Folge kehrte A.________ in den Kosovo zurück.  
 
1.4. Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten bzw. subsidiärer Verfassungsbeschwerde vom 1. September 2022 beantragt A.________ dem Bundesgericht, es sei ihm eine Aufenthaltsbewilligung zu erteilen, eventualiter sei die Sache zum Neuentscheid zurückzuweisen. Weiter sei die Verletzung verfassungsmässiger Rechte festzustellen und ihm zu erlauben, das Verfahren in der Schweiz abzuwarten.  
Das Bundesgericht hat die vorinstanzlichen Akten eingeholt. Mit Verfügung der Abteilungspräsidentin vom 6. September 2022 wurde das Gesuch um aufschiebende Wirkung bzw. vorsorgliche Massnahmen abgewiesen. 
 
2.  
 
2.1. Die Beschwerde richtet sich gegen den Endentscheid einer letzten kantonalen Instanz in einer Angelegenheit des öffentlichen Rechts (Art. 82 lit. a, Art. 86 Abs. 1 lit. d und Art. 90 BGG) und wurde vom legitimierten Beschwerdeführer fristgerecht eingereicht (Art. 89 Abs. 1 sowie Art. 100 Abs. 1 BGG). Nachdem der Beschwerdeführer zudem nach wie vor mit einer in der Schweiz niedergelassenen Landsfrau verheiratet ist, ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten auch vor dem Hintergrund von Art. 83 lit. c Ziff. 2 BGG zulässig (Urteil 2C_13/2020 vom 8. Mai 2020 E. 2). Für die gleichzeitig erhobene subsidiäre Verfassungsbeschwerde bleibt daneben kein Raum (Art. 113 BGG); darauf ist nicht einzutreten.  
 
2.2. Der Beschwerdeführer hat die Beschwerde zulässigerweise auf Französisch verfasst (Art. 42 Abs. 1 BGG); das Verfahren vor Bundesgericht wird jedoch in der Sprache des angefochtenen Entscheids und damit auf Deutsch geführt (Art. 54 Abs. 1 BGG). Der Beschwerdeführer bringt nichts vor, das ein Abweichen von dieser Regel rechtfertigt.  
 
3.  
Ausgangspunkt des vorliegenden Verfahrens ist der Nichteintretensentscheid des Migrationsamts vom 27. Januar 2022. Streitgegenstand ist demgemäss die Frage, ob das Migrationsamt auf das neue Bewilligungsgesuch hätte eintreten müssen. Insoweit liegen der materielle Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung wie auch die materiellen Ausführungen in der Beschwerde ausserhalb des Streitgegenstands; darauf ist nicht einzutreten. Weiter kann der Vorinstanz keine Gehörsverletzung vorgeworfen werden, weil sie keine materielle Beurteilung und namentlich keine neue ausländerrechtliche Interessenabwägung vorgenommen hat. 
 
4.  
 
4.1. Nach bundesgerichtlicher Rechtsprechung ist eine Verwaltungsbehörde gestützt auf Art. 29 BV verpflichtet, auf ein neues Gesuch einzutreten, wenn sich die Umstände seit dem ersten Entscheid wesentlich geändert haben oder wenn der Gesuchsteller erhebliche Tatsachen und Beweismittel namhaft macht, die ihm im früheren Verfahren nicht bekannt waren oder die schon damals geltend zu machen für ihn rechtlich oder tatsächlich unmöglich war oder keine Veranlassung bestand. Die Wiedererwägung von Verwaltungsentscheiden, die in Rechtskraft erwachsen sind, ist nicht beliebig zulässig. Sie darf namentlich nicht bloss dazu dienen, rechtskräftige Entscheide immer wieder infrage zu stellen oder die Fristen für die Ergreifung von Rechtsmitteln zu umgehen (BGE 146 I 185 E. 4.1; 136 II 177 E. 2.1).  
 
4.2. Die Aufenthaltsbewilligung des Beschwerdeführers wurde am 12. November 2021 rechtskräftig nicht verlängert. Als Begründung gab das Migrationsamt an, der Beschwerdeführer sei massiv verschuldet, wobei die Verschuldung mutwillig erfolgt und trotz Verwarnungen weiter angestiegen sei. Zwar habe der Beschwerdeführer unter dem Druck des ausländerrechtlichen Verfahrens Abzahlungsbemühungen dargelegt, doch seien die Abzahlungen deutlich geringer als die im selben Zeitraum generierte Neuverschuldung.  
 
4.3. Der Beschwerdeführer bringt vor, der Sachverhalt habe sich seitdem wesentlich verändert. Einerseits habe er mit seinem Rechtsvertreter einen Sanierungsvertrag abgeschlossen und werde von diesem bei der Schuldensanierung unterstützt. Andererseits beteilige sich seine Ehefrau an der Schuldensanierung; sie beziehe ein gutes Gehalt und ihr Lohn werde nicht mehr gepfändet.  
 
4.3.1. Wie sich der Verfügung vom 12. November 2021 entnehmen lässt, hat der Beschwerdeführer bereits im damaligen Verfahren ausgeführt, "dass das Einkommen der Ehegattin gepfändet werde und damit die Schulden der Familie bereinigt würden. Der Vollzeiterwerb der Ehegattin sei als Zusicherung für die Bezahlung der bestehenden Schulden zu betrachten." Zudem würden er und seine Ehegattin vom Rechtsvertreter bei der Schuldensanierung unterstützt (vgl. E. 3b/aa der Verfügung des Migrationsamts vom 12. November 2021). Damit liegt im Umstand, dass sich die Ehefrau an der Schuldensanierung beteiligen will und der Rechtsvertreter unterstützend mitwirkt, offensichtlich kein veränderter Sachverhalt. Zudem setzt sich der Beschwerdeführer nicht mit den vorinstanzlichen Erwägungen auseinander, wonach er nicht belegt habe, dass mit dem Lohn seiner Ehefrau tatsächlich Sanierungsbemühungen unternommen worden wären (vgl. E. 3.1.2 des angefochtenen Urteils).  
 
4.3.2. Was den Sanierungsvertrag mit dem Rechtsvertreter betrifft, so hat die Vorinstanz zu Recht ausgeführt, dass sich das Migrationsamt in der Verfügung vom 12. November 2021 eingehend mit Sanierungsbemühungen des Beschwerdeführers namentlich unter dem Druck des ausländerrechtlichen Verfahrens befasst habe. Insoweit liegt im nach der rechtskräftigen Wegweisung abgeschlossenen Sanierungsvertrag offensichtlich kein neuer Sachumstand. Weiter setzt sich der Beschwerdeführer nicht mit dem vorinstanzlichen Einwand auseinander, wonach die Zahlung von zwei Mal Fr. 500.-- an den Rechtsvertreter nicht belege, dass damit tatsächlich Schulden getilgt worden seien (vgl. E. 3.1.3 des angefochtenen Urteils). Bei einer Gesamtverschuldung von über Fr. 170'000.-- (vgl. E. 3.1.1 des angefochtenen Urteils) kann allerdings so oder anders nicht von echten Sanierungsbemühungen gesprochen werden.  
 
4.4. Zusammenfassend sind die Vorinstanzen zu Recht davon ausgegangen, dass sich der Sachverhalt zwischen der rechtskräftigen Verfügung vom 12. November 2021 und dem Bewilligungsgesuch vom 14. Januar 2022 nicht wesentlich geändert hat. Insoweit war das Migrationsamt nicht verpflichtet, auf das neue Gesuch einzutreten.  
 
5.  
Anzufügen ist weiter, dass der Beschwerdeführer auch keinen Anspruch auf eine Neubeurteilung infolge Zeitablaufs hat. 
 
5.1. Nach bundesgerichtlicher Rechtsprechung besteht beim Widerruf oder der Nichtverlängerung einer ausländerrechtlichen Bewilligung ein Anspruch auf Neubeurteilung, wenn eine angemessene Zeitdauer - in der Regel fünf Jahre - seit dem Widerruf bzw. der Nichtverlängerung vergangen ist und sich die betroffene Person währenddessen im Ausland bewährt hat (Urteile 2C_13/2020 vom 8. Mai 2020 E. 5.2.2; 2C_650/2017 vom 9. Januar 2018 E. 2.3; 2C_253/2017 vom 30. Mai 2017 E. 4.3).  
 
5.2. Im vorliegenden Fall liegen zwischen der Verfügung vom 12. November 2021 und dem neuen Bewilligungsgesuch lediglich zwei Monate. Sodann hatte der Beschwerdeführer die Schweiz bei Einreichung seines neuen Gesuchs nicht verlassen, auch wenn er mittlerweile ausgereist ist. Von einer jahrelangen Bewährung im Ausland kann deshalb selbst im heutigen Zeitpunkt keine Rede sein.  
 
6.  
Zusammenfassend hat der Beschwerdeführer keinen Anspruch auf Neubeurteilung, weshalb das Migrationsamt auf sein Gesuch ohne Rechtsverletzung nicht eingetreten ist. Bei diesem Ergebnis spielt es keine Rolle, dass der Beschwerdeführer mit der Interessenabwägung in der Verfügung vom 12. November 2021 nicht einverstanden ist bzw. diese Verfügung nicht gerichtlich geprüft worden ist. Es wäre dem Beschwerdeführer freigestanden, die Verfügung rechtzeitig anzufechten und die Interessenabwägung einer gerichtlichen Kontrolle zuzuführen. 
 
7.  
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten erweist sich als offensichtlich unbegründet und ist im vereinfachten Verfahren abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann (Art. 109 Abs. 2 lit. a BGG). Die Gerichtskosten sind dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Sollte sein Gesuch um Verzicht auf die Erhebung eines Kostenvorschusses (Art. 62 Abs. 1 Satz 2 BGG) sinngemäss auch ein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege (Art. 64 BGG) darstellen, wäre es wegen Aussichtslosigkeit abzuweisen. 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten wird. 
 
2.  
Auf die subsidiäre Verfassungsbeschwerde wird nicht eingetreten. 
 
3.  
Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
4.  
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, 4. Abteilung, und dem Staatssekretariat für Migration mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 15. November 2022 
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Die Präsidentin: F. Aubry Girardin 
 
Der Gerichtsschreiber: M. Businger