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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
7B_157/2022  
 
 
Urteil vom 22. Mai 2024  
 
II. strafrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Abrecht, Präsident, 
Bundesrichterin Koch, 
Bundesrichter Kölz, 
Gerichtsschreiberin Sauthier. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Christoph Vettiger, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Franziska Fischer, 
Staatsanwaltschaft Basel-Stadt, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Strafverfahren; Ausstand, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Appellationsgerichts des Kantons Basel-Stadt, Einzelgericht, vom 11. Mai 2022 (DGS.2022.1). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Gegen A.________ ist am Strafgericht Basel-Stadt ein Strafverfahren unter anderem wegen mehrfacher versuchter schwerer Körperverletzung, mehrfacher einfacher Körperverletzung, Tätlichkeiten, Beschimpfung und mehrfacher Drohung zum Nachteil von B.________ hängig. Gegen Letzteren ist wegen demselben Vorfall ein Verfahren unter anderem wegen Drohung zum Nachteil von A.________ hängig. 
 
B.  
Mit Eingabe vom 8. Februar 2022 hat A.________ bei der Staatsanwaltschaft ein Ausstandsgesuch gegen die verfahrensleitende Staatsanwältin Franziska Fischer gestellt, welches die Staatsanwaltschaft zuständigkeitshalber an das Appellationsgericht Basel-Stadt weitergeleitet hat. Mit Entscheid vom 11. Mai 2022 wies das Appellationsgericht das Ausstandsgesuch gegen die verfahrensleitende Staatsanwältin ab. 
 
C.  
Mit Eingabe vom 24. Juni 2022 führt A.________ Beschwerde in Strafsachen an das Bundesgericht. Er beantragt, der angefochtene Entscheid sei aufzuheben und Staatsanwältin Fischer in den Ausstand zu versetzen. Eventualiter sei die Sache zur neuen Beurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. 
Das Appellationsgericht hat auf eine Vernehmlassung verzichtet und beantragt, die Beschwerde abzuweisen. Staatsanwältin Fischer beantragt die Abweisung der Beschwerde. 
Am 13. Juli 2023 zeigte das Bundesgericht den Verfahrensbeteiligten einen Zuständigkeits- bzw. Abteilungswechsel an (Übergang des Verfahrens 1B_341/2022 von der I. öffentlich-rechtlichen auf die II. strafrechtliche Abteilung unter der neuen Verfahrensnummer 7B_157/2022). 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Angefochten ist ein selbstständig eröffneter kantonal letztinstanzlicher Zwischenentscheid einer letzten kantonalen Instanz (Art. 80 Abs. 1 BGG) über den Ausstand in einem Strafverfahren, gegen den die Beschwerde in Strafsachen nach Art. 78 Abs. 1 und Art. 92 Abs. 1 BGG offensteht. Der Beschwerdeführer ist als beschuldigte Person zur Beschwerde gegen die Abweisung des von ihm gestellten Ausstandsgesuchs berechtigt (Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 1 BGG). 
 
2.  
 
2.1. Streitgegenstand bildet die Frage des Ausstands der verfahrensleitenden Staatsanwältin aufgrund behaupteter Verletzungen von Verfahrensvorschriften sowie einseitiger Verfahrensführung zu Lasten des Beschwerdeführers bzw. angeblicher Benachteiligung desselben gegenüber B.________. Der Beschwerdeführer rügt in diesem Zusammenhang sinngemäss eine Verletzung von Art. 56 lit. f StPO. Damit einhergehend macht er eine Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV und Art. 6 Ziff. 1 EMRK) geltend.  
 
2.2. Die Ausstandsgründe für die in einer Strafbehörde tätigen Personen sind in Art. 56 StPO geregelt. Zu den Strafbehörden gehören neben den Gerichten (Art. 13 StPO) die Strafverfolgungsbehörden, darunter die Staatsanwaltschaft (Art. 12 lit. b StPO). Von den in Art. 56 lit. a-e StPO geregelten besonderen Ausstandsgründen abgesehen (persönliches Interesse an der Strafsache, Vorbefassung in anderer Stellung, persönliche Beziehung zu Parteien usw.), tritt ein Staatsanwalt oder eine Staatsanwältin in den Ausstand, wenn diese Person aus anderen Gründen, insbesondere wegen Freundschaft oder Feindschaft mit einer Partei oder deren Rechtsbeistand, befangen sein könnte (Art. 56 lit. f StPO).  
Eine Befangenheit der staatsanwaltlichen Untersuchungsleiterin oder des Untersuchungsleiters bzw. der die Anklage vertretenden Person (Art. 56 lit. f StPO) ist nach der Praxis des Bundesgerichtes nicht leichthin anzunehmen. Zu bejahen ist sie, wenn nach objektiver Betrachtung besonders krasse oder ungewöhnlich häufige Fehlleistungen vorliegen, welche bei gesamthafter Würdigung eine schwere Verletzung der Amtspflichten darstellen und sich einseitig zulasten einer der Prozessparteien auswirken. Diesbezüglich sind primär die zur Verfügung stehenden Rechtsmittel gegen beanstandete Verfahrenshandlungen auszuschöpfen (BGE 143 IV 69 E. 3.2; 141 IV 178 E. 3.2.3; 138 IV 142 E. 2.3; 125 I 119 E. 3e; je mit weiteren Hinweisen). 
 
2.3.  
 
2.3.1. Der Beschwerdeführer erblickt die Befangenheit der Beschwerdegegnerin unter anderem darin, dass diese unbegründet die Verfahren getrennt führe, obschon eine wechselseitige Auseinandersetzung vorliege. Zudem ist er der Auffassung, der Sachverhalt werde in den getrennten Verfahren unterschiedlich dargestellt und die Akten würden nicht abgelegt ("Unterdrückung evtl. relevanter Tatsachen bzw. Dokumente"). Weiter macht er geltend, es würden unwahre und erpresserische Behauptungen aufgestellt und die Beschwerdegegnerin habe einen Strafbefehl trotz "Aussage gegen Aussage"-Situation erlassen, um sich des Verfahrens durch Strafbefehl zu entledigen.  
 
2.3.2. Die Vorinstanz hält im angefochtenen Entscheid fest, die Behauptungen des Beschwerdeführers seien in weiten Teilen nicht genügend substanziiert. Es fehle an einer näheren Beschreibung der beanstandeten Vorgänge bzw. Angabe der Daten und Aktenstellen. Im Übrigen seien einzelne (angeblich unterlassene) Verfahrenshandlungen ohnehin nicht dazu geeignet, ein Ausstandsbegehren zu begründen. Der Beschwerdeführer hätte allfällige Verletzungen seiner Parteirechte mit den entsprechenden Rechtsmitteln geltend machen können und schwere Verfahrensfehler seien keine erkennbar, weshalb das Ausstandsgesuch abzuweisen sei.  
 
2.3.3. Diese Beurteilung der Vorinstanz ist nicht zu beanstanden. Gegen fehlerhafte Verfahrenshandlungen der Beschwerdegegnerin stand und steht dem Beschwerdeführer der ordentliche Rechtsweg offen. Sodann vermag der Beschwerdeführer nicht aufzuzeigen, inwiefern in den von ihm nur listenartig und sehr pauschal beschriebenen angeblichen Verletzungen von Verfahrensvorschriften besonders krasse oder ungewöhnlich häufige Fehlleistungen vorliegen sollen, welche bei gesamthafter Würdigung eine schwere Verletzung der Amtspflichten darstellen und sich einseitig zu seinen Lasten auswirken. Die pauschale Behauptung des Beschwerdeführers, die Beschwerdegegnerin unterdrücke eventuell relevante Tatsachen bzw. Dokument, reicht jedenfalls so wenig aus wie der blosse Umstand, dass die Beschwerdegegnerin einen Strafbefehl erlassen hat, um von gravierenden Amtspflichtverletzungen auszugehen. Soweit der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang zudem eine Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV) geltend macht, stösst seine Kritik ebenfalls ins Leere. Daran ändert auch seine Behauptung nichts, es werde übersehen, dass sich das Ausstandsbegehren auf künftige Verfahren beziehe und nicht erfolgte Verfahrenshandlungen korrigieren solle. Zusammengefasst verletzt es kein Bundesrecht, wenn die Vorinstanz den Ausstandsgrund von Art. 56 lit. f StPO verneint hat.  
 
3.  
Soweit der Beschwerdeführer schliesslich den vorinstanzlichen Kosten- und Entschädigungsentscheid beanstandet und dessen Aufhebung beantragt, kann ihm ebenfalls nicht gefolgt werden. Die Vorinstanz legt dar, dass sie die Gewährung der amtlichen Verteidigung aufgrund der Aussichtslosigkeit der Beschwerde abweist und deshalb dem Beschwerdeführer die Kosten auferlegt. Die unsubstanziierte Kritik des Beschwerdeführers, wonach er bedürftig sei und das Ausstandsgesuch aufgrund der Verfahrensfehler nicht als aussichtslos bezeichnet werden könne, ändert nichts an der zutreffenden Beurteilung der Vorinstanz. 
 
4.  
Nach dem Gesagten erweist sich die Beschwerde als unbegründet und ist abzuweisen. 
Bei diesem Verfahrensausgang wird der Beschwerdeführer kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG). Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege ist wegen Aussichtslosigkeit der Begehren abzuweisen (Art. 64 Abs. 1 BGG). Den finanziellen Verhältnissen des Beschwerdeführers ist bei der Bemessung der Gerichtskosten Rechnung zu tragen (Art. 65 Abs. 2 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.  
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wird abgewiesen. 
 
3.  
Die Gerichtskosten von Fr. 1'200.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
4.  
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt, Einzelgericht, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 22. Mai 2024 
 
Im Namen der II. strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Abrecht 
 
Die Gerichtsschreiberin: Sauthier