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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
2D_15/2023  
 
 
Urteil vom 16. Mai 2024  
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Hänni, präsidierendes Mitglied, 
Bundesrichter Donzallaz, 
Bundesrichterin Ryter, 
Gerichtsschreiberin Wortha. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.A.________, 
gesetzlich vertreten durch seine Eltern, 
B.A.________ und C.A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Stefano Rossi, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Direktion für Bildung und Kultur, 
Baarerstrasse 19, 6300 Zug, 
Kantonschule Zug, Gymnasium Unterstufe, 
Beschwerdegegnerinnen. 
 
Gegenstand 
Schulrecht (Promotion), 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Zug, Verwaltungsrechtliche Kammer, vom 22. Juni 2023 (V 2022 57). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
A.________ (geb. 2008) trat per Schuljahr 2020/2021 in die 1. Klasse am Gymnasium Unterstufe der Kantonsschule Zug ein. Nach dem ersten Semester promovierte er provisorisch. Mit Zeugnis des zweiten Semesters vom 1. Juli 2021 wurde ihm von der Promotionskonferenz mangels Erfüllung der Promotionsbedingungen die Nichtversetzung (Remotion) beschieden. Der Zeugnisnote liegen die über das Semester verteilten Einzelnoten jeder Leistungsbewertung zugrunde, die von der Lehrperson in die Notendatenbank "schulNetz" eingetragen und dort für Schülerinnen, Schüler und Eltern einsehbar sind. Schriftliche Prüfungen werden den Schülerinnen und Schülern im Original ausgehändigt, nachdem die Note in die Notendatenbank eingetragen wurde. 
 
B.  
Die gegen den Remotionsentscheid erhobenen Rechtsmittel blieben erfolglos (Einspracheentscheid des Rektors der Kantonsschule Zug, Gymnasium Unterstufe, vom 19. Juli 2021; Entscheid der Direktion für Bildung und Kultur des Kantons Zug vom 27. Juni 2022; Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Zug, Verwaltungsrechtliche Kammer, vom 22. Juni 2023). Infolge jeweils gewährter aufschiebender Wirkung der Beschwerde ist A.________ im Schuljahr 2023/2024 in die 4. Klasse am Gymnasium Mittelstufe übergetreten. 
 
C.  
Mit Eingabe vom 7. August 2023 gelangt A.________ (nachfolgend Beschwerdeführer), gesetzlich vertreten durch seine Eltern, mit subsidiärer Verfassungsbeschwerde ans Bundesgericht. Er beantragt die Aufhebung des vorinstanzlichen Urteils, die Gewährung der definitiven Promotion für das Frühlingssemester des Schuljahres 2020/2021 und die Zulassung zur 2. Klasse am Gymnasium Unterstufe bzw. zur nunmehr 4. Klasse am Gymnasium Mittelstufe an der Kantonsschule Zug. 
Die Abteilungspräsidentin hat der Beschwerde mit Verfügung vom 24. August 2023 antragsgemäss die aufschiebende Wirkung gewährt. 
Die Vorinstanz beantragt die Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten ist. Die Kantonsschule Zug, Gymnasium Unterstufe, beantragt sinngemäss ebenfalls die Abweisung der Beschwerde, genauso wie die Direktion für Bildung und Kultur des Kantons Zug. Der Beschwerdeführer hat von seinem Replikrecht keinen Gebrauch gemacht. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Das Bundesgericht prüft die Eintretensvoraussetzungen von Amtes wegen und mit freier Kognition (Art. 29 Abs. 1 BGG; BGE 149 II 66 E. 1.3; 148 I 160 E. 1).  
 
1.2. Angefochten ist ein letztinstanzlicher kantonaler Endentscheid in einer Materie des öffentlichen Rechts, der an sich mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht weitergezogen werden kann (Art. 82 lit. a, 86 Abs. 1 lit. d und Abs. 2, 90 BGG).  
 
1.3. Ausgeschlossen ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten jedoch gegen Entscheide über das Ergebnis von Prüfungen und anderen Fähigkeitsbewertungen, namentlich auf dem Gebiet der Schule, der Weiterbildung sowie der Berufsausübung (Art. 83 lit. t BGG).  
 
1.3.1. Von dieser Ausnahmebestimmung erfasst sind alle Entscheide, die auf einer Bewertung der intellektuellen oder physischen Fähigkeiten einer Kandidatin oder eines Kandidaten beruhen. Ausgeschlossen ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten allerdings nur, wenn das eigentliche Ergebnis der Prüfung umstritten ist bzw. wenn ein Entscheid in Frage steht, der auf einer Bewertung der geistigen oder körperlichen Fähigkeiten einer Kandidatin oder eines Kandidaten beruht. Wenn andere Entscheide im Zusammenhang mit einer Prüfung strittig sind, insbesondere solche organisatorischer oder verfahrensrechtlicher Natur, bleibt das Rechtsmittel zulässig (BGE 147 I 73 E. 1.2.1 mit Hinweisen; Urteile 2C_890/2022 vom 6. Juni 2023 E. 1.1; 2D_9/2022 vom 10. August 2022 E. 1.1).  
 
1.3.2. Die Beschwerde betrifft die Nichtversetzung des Beschwerdeführers (Remotion) in die höhere Klasse infolge ungenügender Noten. Der Beschwerdeführer verlangt zwar nicht direkt eine Überprüfung seiner Leistungen, versucht dies aber mittels der Rüge des rechtlichen Gehörs (Art. 29 Abs. 2 BV) zu erreichen. Er macht zusammengefasst geltend, er und die Behörden hätten die Noten nicht überprüfen können, da die Schule die Prüfungen im Original an die Schülerinnen und Schüler herausgebe, ohne eine Kopie davon anzufertigen. Die Kritik zielt damit im Ergebnis auf eine Überprüfung in der Sache - betreffend Nichtversetzung - ab. Dagegen ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten nicht zulässig (vgl. Urteil 2C_100/2023 vom 20. Juni 2023 E. 2.2). Es steht aber die subsidiäre Verfassungsbeschwerde offen (Art. 83 lit. t BGG i.V.m. Art. 113 BGG).  
 
1.4. Zur Verfassungsbeschwerde ist legitimiert, wer ein rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Entscheids dartun kann (Art. 115 lit. b BGG). Das rechtlich geschützte Interesse muss unmittelbar durch ein spezielles Grundrecht oder bundesverfassungsrechtliche Verfahrensgarantien begründet sein (BGE 147 I 89 E. 1.2.2; 136 I 229 E. 3.2).  
 
1.4.1. Gemäss der bundesgerichtlichen Rechtsprechung zur subsidiären Verfassungsbeschwerde sind Einzelnoten einer Gesamtprüfung grundsätzlich nicht selbständig anfechtbar. Anders verhält es sich nur, wenn an die Höhe der einzelnen Noten bestimmte Rechtsfolgen geknüpft sind, so namentlich die Möglichkeit, eine bestimmte Weiterbildung zu absolvieren, der Erwerb eines Diploms oder die Erlangung eines Prädikats, dessen Festlegung nicht im Ermessen der Prüfungsbehörde liegt (vgl. BGE 136 I 229 E. 2.6; FLORENCE AUBRY GIRARDIN, in: Commentaire de la LTF, 3. Aufl. 2022, N. 196 zu Art. 83 BGG). In solchen Ausnahmekonstellationen kann der Betroffene ein rechtlich geschütztes Interesse (Art. 115 lit. b BGG) an der Überprüfung des Gesamtergebnisses und damit auch einer diesem zugrunde liegenden Einzelnote haben und somit zur Erhebung der Verfassungsbeschwerde legitimiert sein (vgl. BGE 136 I 229 E. 2.6 und E. 3; Urteil 2C_441/2023 vom 29. August 2023 E. 3.3).  
 
1.4.2. Die Schülerinnen und Schüler der 1. bis 4. Klasse des Langzeitgymnasiums der Kantonsschule Zug werden in die nächsthöhere Klasse versetzt, wenn sie die Promotionsbedingungen in zwei von drei Semestern erfüllen (§ 12 Abs. 1 der Promotionsordnung für das Langzeitgymnasium der Kantonsschule Zug [Promotionsordnung, Version vom 1. August 2020; BGS 414.131] e contrario). Gemäss § 11 Promotionsordnung erfüllen die Schülerinnen und Schüler die Promotionsbedingungen, wenn in den Promotionsfächern die doppelte Summe aller Notenabweichungen von 4 nach unten nicht grösser ist als die Summe aller Notenabweichungen von 4 nach oben und nicht mehr als drei Noten unter 4 erteilt wurden. Die Promotion steht somit nicht im Ermessen der Promotionskonferenz, sondern ergibt sich rechnerisch aus den vergebenen Einzelnoten. Die Schülerinnen und Schüler haben insofern einen Rechtsanspruch auf Versetzung in die höhere Klasse, wenn sie die geforderte Notensumme erreichen. Damit haben sie nicht nur ein rechtlich geschütztes Interesse an der Promotion, sondern auch an der Ermittlung der diesem zugrunde liegenden Noten. Der Beschwerdeführer ist daher zur subsidiären Verfassungsbeschwerde legitimiert.  
 
1.5. Im Übrigen wurde die Beschwerde, die sich gegen einen Endentscheid (Art. 90, Art. 117 BGG) einer letztinstanzlichen kantonalen Behörde (Art. 113 BGG) richtet, unter Berücksichtigung der Fristen (Art. 100 Abs. 1, Art. 117 BGG) rechtzeitig und in der vorgeschriebenen Form (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG) eingereicht. Auf die subsidiäre Verfassungsbeschwerde ist daher einzutreten.  
 
2.  
 
2.1. Mit der subsidiären Verfassungsbeschwerde kann einzig die Verletzung verfassungsmässiger Rechte geltend gemacht werden (Art. 116 BGG). Verfassungsrügen müssen gemäss dem strengen Rügeprinzip präzise vorgebracht und begründet werden (Art. 117 i.V.m. Art. 106 Abs. 2 BGG). Dies bedeutet, dass anhand der Erwägungen des angefochtenen Entscheids klar und einlässlich darzulegen ist, inwiefern verfassungsmässige Rechte verletzt sein sollen (BGE 149 I 248 E. 3.1; Urteil 2D_18/2023 vom 5. März 2024 E. 2.1).  
 
2.2. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 118 Abs. 1 BGG). Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 116 BGG beruht (Art. 118 Abs. 2 BGG), was der Beschwerdeführer präzise geltend zu machen hat (Art. 106 Abs. 2 i.V.m. Art. 117 BGG; BGE 136 I 332 E. 2.2; Urteil 2C_694/2022 vom 21. Dezember 2023 E. 2 [zur Publikation bestimmt]). Neue Tatsachen und Beweismittel dürfen nur soweit vorgebracht werden, als erst der angefochtene Entscheid dazu Anlass gibt. Neue Begehren sind nicht zulässig (Art. 117 i.V.m. Art. 99 BGG; Urteil 2D_21/2023 vom 18. Dezember 2023 E. 2.1).  
 
3.  
Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung des rechtlichen Gehörs (Art. 29 Abs. 2 BV), da die Schule eine Pflicht zur Aufbewahrung der schriftlichen Prüfung treffen müsse. Andernfalls liege eine Verletzung der Aktenführungspflicht bzw. des Akteneinsichtsrechts vor. 
 
3.1. Gemäss Art. 29 Abs. 2 BV haben die Parteien Anspruch auf rechtliches Gehör. Dieses beinhaltet nicht nur das Akteneinsichtsrecht des Bürgers, sondern als Gegenstück dazu auch die Aktenführungspflicht der Behörden. Gemäss dieser sind die Behörden verpflichtet, ein vollständiges Aktendossier über das Verfahren zu führen, um gegebenenfalls ordnungsgemäss Akteneinsicht gewähren und bei einem Weiterzug diese Unterlagen an die Rechtsmittelinstanz weiterleiten zu können. Die Behörden haben alles in den Akten festzuhalten, was zur Sache gehört (BGE 142 I 86 E. 2.2; Urteile 2C_643/2022 vom 29. Februar 2024 E. 4.4.2 mit Hinweisen; 2C_779/2019 vom 29. Januar 2020 E. 3.1 f.).  
 
3.2. Der Beschwerdeführer vermag nicht darzutun, dass er durch die fehlende Aufbewahrung von Prüfungskopien sein Akteneinsichtsrecht nicht habe ausüben oder den Rechtsmittelinstanzen Beweismittel nicht habe einreichen können. Er bestreitet weder, dass ihm die Originale der schriftlichen Prüfungen für seine Akten ausgehändigt wurden noch dass die Benotung jener Prüfungen oder deren Eintrag in die Notendatenbank "schulNetz" falsch gewesen wäre (angefochtener Entscheid E. 3.3.3). Der Beschwerdeführer hatte während der gesamten Dauer des Verfahrens die Hoheit über die Akten und konnte nachvollziehen, wie die Zeugnisnoten - die nicht nur auf den monierten schriftlichen Prüfungen beruhen - zustande gekommen sind. Gleiches gilt für die kantonalen Behörden, welche anhand der einzelnen Noten, die schriftlich festgehalten wurden, prüfen konnten, wie sich die Jahresendnote zusammensetzt. Sowohl dem Beschwerdeführer als auch den kantonalen Behörden waren die Einzelnoten der schriftlichen Prüfungen zu jedem Zeitpunkt bekannt - und auch nie umstritten. Dass der Beschwerdeführer es für die Allgemeinheit als wichtig empfindet, dass die Schule die Hoheit über die Prüfungen nicht den Schülerinnen und Schülern überlässt und verpflichtet werden sollte, Kopien anzufertigen, begründet keine Pflicht der Schule, dies zu tun.  
 
3.3. Das Akteneinsichtsrecht ist mit der Herausgabe der Originaldokumente an die Schülerinnen und Schüler gewahrt. Eine darüber hinausgehende Aktenführungspflicht gibt es nicht. Demzufolge erweist sich die Rüge der Verletzung des rechtlichen Gehörs als unbegründet.  
 
4.  
 
4.1. Die Beschwerde ist unbegründet, weshalb sie abzuweisen ist.  
 
4.2. Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind die Gerichtskosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG), wobei die Eltern die Gerichtskosten ihres beschwerdeführenden Sohnes tragen (Art. 304 Abs. 1 ZGB; Urteil 2C_1022/2021 vom 6. April 2023 E. 9). Es sind keine Parteientschädigungen geschuldet (Art. 68 Abs. 3 BGG).  
 
 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die subsidiäre Verfassungsbeschwerde wird abgewiesen. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten und dem Verwaltungsgericht des Kantons Zug, Verwaltungsrechtliche Kammer, mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 16. Mai 2024 
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Das präsidierende Mitglied: J. Hänni 
 
Die Gerichtsschreiberin: A. Wortha