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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
6B_68/2024  
 
 
Urteil vom 15. Juli 2024  
 
I. strafrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Denys, als präsidierendes Mitglied, 
Gerichtsschreiberin Arquint Hill. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich, Güterstrasse 33, Postfach, 8010 Zürich, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Keine Berufungsanmeldung eingereicht (versuchte Nötigung etc.); Nichteintreten, 
 
Beschwerde gegen den Beschluss des Obergerichts des Kantons Zürich, II. Strafkammer, vom 5. Dezember 2023 (SB230555-O/U/sm). 
 
 
Das präsidierende Mitglied zieht in Erwägung:  
 
1.  
Das Obergericht des Kantons Zürich trat mit Beschluss vom 5. Dezember 2023 auf eine Berufung nicht ein, weil auch innert der angesetzten Nachfrist keine den gesetzlichen Anforderungen entsprechende schriftliche Berufungsanmeldung (eigenhändige Unterschrift) eingegangen war. Der Beschwerdeführer wendet sich an das Bundesgericht. 
 
2.  
Anfechtungsobjekt ist ausschliesslich der vorinstanzliche Nichteintretensbeschluss (Art. 80 Abs. 1 BGG). Das Bundesgericht kann sich daher nur dazu äussern, ob die Vorinstanz auf die Berufung zu Unrecht nicht eingetreten ist. Soweit sich der Beschwerdeführer mit der materiellen Seite der Angelegenheit befasst, ist er nicht zu hören, da diese nicht Gegenstand des Verfahrens bildet. 
 
3.  
Nach Art. 399 Abs. 1 StPO ist die Berufung dem erstinstanzlichen Gericht innert 10 Tagen seit Eröffnung des Urteils schriftlich oder mündlich zu Protokoll anzumelden. Die Partei, die Berufung angemeldet hat, reicht dem Berufungsgericht gemäss Art. 399 Abs. 3 StPO innert 20 Tagen seit Zustellung des begründeten Urteils eine schriftliche Berufungserklärung ein. Nach dieser ausdrücklichen Gesetzesregelung müssen die zur Berufung legitimierten und mit dem erstinstanzlichen Urteil nicht einverstandenen Parteien mithin in der Regel zweimal ihren Willen kundtun, das Urteil anzufechten, nämlich einmal im Rahmen der Anmeldung der Berufung bei der ersten Instanz nach der Eröffnung des Dispositivs und ein zweites Mal nach Eingang des begründeten Urteils durch eine schriftliche Berufungserklärung beim Berufungsgericht (BGE 140 IV 40 E. 3.4.1; BGE 138 IV 157 E. 2.1 und 2.2). 
Schriftliche Eingaben sind zu datieren und zu unterzeichnen (Art. 110 Abs. 1 StPO). Mit "unterzeichnen" ist die eigenhändige Unterschrift gemeint. Eine fotokopierte, faksimilierte oder anderweitig reproduzierte Unterzeichnung (z.B. durch Scannen) genügt den Anforderungen an die Eigenhändigkeit nicht (vgl. BGE 142 IV 299 E. 1.1; Urteil 6B_307/2021 vom 31. Mai 2021 E. 3). Fehlt eine rechtsgültige Unterschrift, ist der rechtsuchenden Partei - nach Ablauf der Rechtsmittelfrist - eine angemessene (Nach-) Frist zur Behebung des Mangels anzusetzen. Ausgenommen von der Nachfristansetzung sind Fälle des offensichtlichen Rechtsmissbrauchs (BGE 142 I 10 E. 2.4.6-2.4.9). 
 
4.  
Nach Art. 42 Abs. 2 BGG ist in der Begründung der Beschwerde an das Bundesgericht in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Entscheid Recht verletzt. Zudem prüft das Bundesgericht die Verletzung von Grundrechten einschliesslich von Willkür beim Sachverhalt nur insofern, als eine solche Rüge in der Beschwerde begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG). 
 
5.  
Wie sich aus dem vorinstanzlichen Beschluss ergibt, wurde dem Beschwerdeführer das Dispositiv des Urteils des Bezirksgerichts Zürich vom 14. Juli 2023 am 17. Juli 2023 zugestellt. Damit begann die 10-tägige Frist für die Anmeldung der Berufung am 18. Juli 2023 zu laufen und endete am 27. Juli 2023. Innert dieser Frist ging nach den kurz zusammengefassten Feststellungen der Vorinstanz keine gültig signierte Berufungsanmeldung im Sinne von Art. 110 StPO ein. Die am 31. Juli 2023 eingereichte "vorsorgliche Berufungserklärung", wollte man sie als Berufungsanmeldung betrachten, erwiese sich als verspätet. Mit Präsidialverfügung vom 8. August 2023 seien dem Beschwerdeführer daher die formellen Anforderungen an eine Berufungsanmeldung erläutert und es sei ihm eine Nachfrist von 10 Tagen ab Erhalt der Verfügung angesetzt worden, um in Behebung des Formmangels eine gültig unterzeichnete Berufungsanmeldung einzureichen. Die Präsidialverfügung vom 8. August 2023 habe dem Beschwerdeführer zugestellt werden können. Er sei auch über die Säumnisfolgen im Bilde gewesen, nachdem sich aus dem bezirksgerichtlichen Urteilsdispositiv vom 14. Juli 2023 ergebe, dass auf die Berufung bei offensichtlich verspäteten Berufungsanmeldungen nicht eingetreten werde. Innert der dem Beschwerdeführer angesetzten Nachfrist sei keine den gesetzlichen Anforderungen entsprechende schriftliche Berufungsanmeldung eingegangen, weshalb auf die Berufung nicht einzutreten sei. 
 
6.  
Was am angefochtenen Beschluss verfassungs- und/oder bundesrechtswidrig sein könnte, ergibt sich aus der Beschwerde nicht. Der Beschwerdeführer setzt sich nicht im Ansatz mit den Erwägungen der Vorinstanz auseinander. Er macht stattdessen geltend, das Bezirksgericht habe mit seinem Urteil vom 14. Juli 2023 - zur Ausfertigung einer detaillierten Begründung und/oder Berufung - zwei Fristen angesetzt: eine erste an das Bezirksgericht von 10 Tagen, eine zweite an das Obergericht des Kantons Zürich von 20 Tagen. Beide Fristen hätten am 18. Juli 2023 zu laufen begonnen. Die Frist für das Bezirksgericht hätte am 27. Juli 2023 geendet, diejenige für das Obergericht am 6. August 2023. Er - der Beschwerdeführer - habe am 31. Juli 2023 laut dem vorinstanzlichen Beschluss eine original unterzeichnete "vorsorgliche Berufungserklärung" eingereicht, was hinlängliche "Bestätigung seines guten Willens", seiner "Gewährung des rechtlichen Gehörs" und seiner "rechtzeitigen Beschwerdelegitimation" sei. Mit seinen Ausführungen verkennt der Beschwerdeführer die Zweistufigkeit des Berufungsverfahrens. Er unterbreitet dem Bundesgericht lediglich seine eigene und verfehlte Interpretation zur im Urteilsdispositiv des Bezirksgerichts Zürich vom 14. Juli 2023 enthaltenen Rechtsmittelbelehrung und zu den Fristenläufen. Darauf ist nicht einzutreten, umso weniger, als der Beschwerdeführer nicht geltend macht und es auch nicht ersichtlich ist, dass die fragliche Rechtsmittelbelehrung unklar oder missverständlich wäre. Zum Umstand, dass eine Berufung dem Gericht innert 10 Tagen seit Eröffnung des Urteils anzumelden ist (Art. 399 Abs. 1 StPO), sich dies ausdrücklich aus der im Urteilsdispositiv enthaltenen Rechtsmittelbelehrung entnehmen lässt und es der Beschwerdeführer nach den Feststellungen der Vorinstanz unterlassen hat, sowohl innert gesetzlicher Frist als auch innert der ihm angesetzten Nachfrist eine den Anforderungen von Art. 110 StPO entsprechende Berufungsanmeldung einzureichen, äussert er sich mit keinem Wort. Aus der Beschwerde ergibt sich mithin nicht, inwiefern die Vorinstanz mit ihrem Nichteintretensbeschluss gegen geltendes Recht im Sinne von Art. 95 BGG verstossen haben könnte. Der Begründungsmangel ist offensichtlich. Auf die Beschwerde ist im Verfahren nach Art. 108 BGG folglich nicht einzutreten. 
 
7.  
Die Gerichtskosten sind dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege ist wegen offensichtlicher Aussichtslosigkeit der Begehren abzuweisen (Art. 64 Abs. 1 BGG). Den finanziellen Verhältnissen des Beschwerdeführers ist bei der Bemessung der Gerichtskosten Rechnung zu tragen (Art. 65 Abs. 2 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das präsidierende Mitglied:  
 
1.  
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 
 
2.  
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen. 
 
3.  
Dem Beschwerdeführer werden die Gerichtskosten von Fr. 500.-- auferlegt. 
 
4.  
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, II. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 15. Juli 2024 
 
Im Namen der I. strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Das präsidierende Mitglied: Denys 
 
Die Gerichtsschreiberin: Arquint Hill