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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
2E_3/2024  
 
 
Urteil vom 9. Juli 2024  
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Aubry Girardin, Präsidentin, 
Bundesrichterin Ryter, 
Bundesrichter Kradolfer, 
Gerichtsschreiberin Ivanov. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Kläger, 
 
gegen  
 
Schweizerische Eidgenossenschaft, 
handelnd durch den Bundesrat, 3003 Bern, 
vertreten durch das Eidgenössische Finanzdepartement, Bundesgasse 3, 3003 Bern, 
Beklagte. 
 
Gegenstand 
Staatshaftung, 
 
Klage gegen die Schweizerische Eidgenossenschaft. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
A.________ gelangt mit einer in deutscher und englischer Sprache abgefassten, als Klageschrift bezeichneten Eingabe vom 6. Juni 2024 (Postaufgabe) an das Bundesgericht. Diese richtet sich gegen die Schweiz, das Vereinigte Königreich, Frankreich und die Niederlande. 
A.________ verlangt "von den Beklagten" einen Betrag von Fr. 20'000.--. Ferner erklärt er, "auf den Antrag auf Schlichtung" zu verzichten, "da sich die Beklagten in verschiedenen Ländern befinden [würden]". Schliesslich beantragt er "einen Schiedsspruch", der ihm "andere und weitere Rechtsbehelfe [gewähre], die das Gericht für gerecht und angemessen [halte]". 
Es wurden keine Instruktionsmassnahmen angeordnet. 
 
2.  
 
2.1. Nach Art. 120 Abs. 1 lit. c BGG ist das Bundesgericht als einzige Instanz zuständig zur Beurteilung von Ansprüchen auf Schadenersatz und Genugtuung aus der Amtstätigkeit der in Art. 1 Abs. 1 lit. a-c bis des Bundesgesetzes vom 14. Mai 1958 über die Verantwortlichkeit des Bundes sowie seiner Behördemitglieder und Beamten (Verantwortlichkeitsgesetz, VG; SR 170.32) abschliessend aufgezählten Personen.  
Richtet sich der Staatshaftungsanspruch zwar gegen den Bund, nicht aber gegen die in Art. 1 Abs. 1 lit. a-c bis VG abschliessend genannten Personen, hat zuerst die zuständige Behörde eine Verfügung zu erlassen. Auf das Beschwerdeverfahren sind dann die allgemeinen Bestimmungen über die Bundesrechtspflege anwendbar (Art. 10 Abs. 1 VG). Dies bedeutet, dass Verfügungen über streitige Staatshaftungsansprüche der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht unterliegen (vgl. Art. 31-33 VGG [SR 173.32]; Urteile 2E_2/2024 vom 11. April 2024 E. 2.2; 2E_3/2021 vom 14. März 2022 E. 1.2.1). 
 
2.2. Das Verfahren der Klage im Sinne von Art. 120 BGG richtet sich gemäss Art. 120 Abs. 3 BGG nach dem Bundesgesetz vom 4. Dezember 1947 über den Bundeszivilprozess (BZP; SR 273; vgl. Urteile 2E_1/2022 vom 21. April 2022 E. 1.3; 2E_4/2019 vom 28. Oktober 2021 E. 1.3.1; 2E_1/2010 / 2E_2/2010 vom 5. Januar 2011 E. 2). Dieses Gesetz wird seinerseits ergänzt durch die Vorschriften des ersten, zweiten und sechsten Kapitels des BGG, soweit seine eigenen Bestimmungen nichts Abweichendes enthalten (Art. 1 Abs. 2 BZP).  
 
2.3. In formeller Hinsicht hat die Klageschrift den Anforderungen von Art. 23 BZP zu entsprechen. Dazu gehören neben dem Rechtsbegehren (lit. b) unter anderem die Angaben, die für die Zuständigkeit des Bundesgerichts erheblich sind (lit. c) sowie eine klar gefasste Darstellung der Tatsachen, die das Rechtsbegehren begründen (lit. d). Zudem gelangen die Anforderungen an die Begründung von Rechtsschriften an das Bundesgericht gemäss Art. 42 BGG zur Anwendung (Art. 1 Abs. 2 BZP; vgl. im Einzelnen Urteil 2E_2/2024 vom 11. April 2024 E. 2.5 mit Hinweisen).  
 
2.4. Gemäss Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 lit. a-c bis VG, auf welchen Art. 120 Abs. 1 lit. c BGG verweist (vgl. E. 2.1 hiervor), haftet der Bund für den Schaden, den Mitglieder des National- und Ständerats (vgl. die inzwischen aufgehobene lit. a [AS 2003 3595] und dazu Urteil 2E_2/2024 vom 11. April 2024 E. 2.6), Mitglieder des Bundesrats und der Bundeskanzler (lit. b), Mitglieder und Ersatzmitglieder der eidgenössischen Gerichte (lit. c) sowie Mitglieder der Aufsichtsbehörde über die Bundesanwaltschaft (lit. c bis) in Ausübung ihrer amtlichen Tätigkeit Dritten widerrechtlich zufügen. Eine entsprechende Forderung auf Schadenersatz und Genugtuung kann, nach vorheriger Geltendmachung beim Eidgenössischen Finanzdepartement (vgl. Art. 1 Abs. 1 der Verordnung zum Verantwortlichkeitsgesetz vom 30. Dezember 1958 [SR 170.321]; vgl. z.B. Urteile 2E_1/2022 vom 21. April 2022 E. 1.2; 2E_6/2021 vom 23. März 2023, Sachverhalt B.a und B.b), beim Bundesgericht eingeklagt werden (Art. 10 Abs. 2 VG), wobei der Anspruch nach den Bestimmungen des Obligationenrechts (SR 220) über die unerlaubten Handlungen verjährt (Art. 20 Abs. 1 VG).  
 
3.  
 
3.1. Vorab ist darauf hinzuweisen, dass vorliegend einzig auf die in deutscher Sprache abgefasste Eingabe abgestellt werden kann, zumal Englisch keine Amtssprache ist (vgl. Art. 42 Abs. 2 BGG i.V.m. Art. 1 Abs. 2 BZP).  
 
3.2. Aus den vorangegangenen Erwägungen ergibt sich ferner, dass eine Klage im Sinne von Art. 120 Abs. 1 lit. c BGG sich nur gegen die Schweizerische Eidgenossenschaft richten kann (vgl. E. 2.1 und 2.4 hiervor). Soweit sich die Eingabe des Klägers auch gegen andere Staaten richten soll, ist darauf bereits aus diesem Grund nicht einzutreten.  
 
3.3. Sodann ist nicht ersichtlich, dass der Kläger seine Schadenersatzansprüche vorgängig beim Eidgenössischen Finanzdepartement (vgl. E. 2.4 hiervor) geltend gemacht oder dass die zuständige Behörde innert dreier Monate seit der Geltendmachung des Anspruchs nicht oder ablehnend Stellung genommen hätte (vgl. Art. 10, Satz 2, VG). Zwar führt der Kläger in seinem Begleitschreiben - unter Hinweis auf Art. 10 Abs. 2 VG - aus, dass "die beiden Vorinstanzen" ihre Zuständigkeit verneint hätten. Um welche "Vorinstanzen" es sich konkret handeln soll bzw. ob damit das Strassenverkehrsamt und das Kantonsgericht Luzern gemeint sind, ist unklar, kann aber dahingestellt bleiben. Eine Stellungnahme des Eidgenössischen Finanzdepartements oder einer anderen zuständigen Behörde findet sich in den vom Kläger eingereichten Beilagen jedenfalls nicht. Ebenso fehlen Belege für eine allfällige vorgängige Geltendmachung des Schadens beim Eidgenössischen Finanzdepartement.  
Die Klage erweist sich damit als unzulässig, sodass darauf nicht eingetreten werden kann. 
 
4.  
Auf die Klage könnte aber auch aus einem anderen Grund nicht eingetreten werden: 
 
4.1. Soweit überhaupt nachvollziehbar, steht die Klage im Zusammenhang mit einem Entscheid des Strassenverkehrsamts des Kantons Luzern vom 22. September 2020 betreffend die Nicht-Anerkennung des ausländischen Führerausweises des Klägers. Der eingereichten Klageschrift lässt sich indessen nicht konkret entnehmen, dass der vom Kläger geltend gemachte - und im Übrigen nicht weiter substanziierte Schaden - durch eine Amtshandlung einer der in Art. 1 Abs. 1 lit. a-c bis VG abschliessend genannten Personen verursacht worden sei.  
Der Kläger nennt zwar zwei ihn betreffende Urteile des Bundesgerichts (Urteile 1C_354/2021 vom 15. November 2021 und 1C_424/2022 vom 7. März 2023), die im Zusammenhang mit der verweigerten Umschreibung seines ausländischen Führerausweises stehen, und führt unter anderem aus, die Schweiz verletze Völkerrecht, indem sie ihren Gerichten erlaube, "einen indischen Führerschein nach der Pariser Verbandsübereinkunft von 1926 (gemeint ist wohl das Internationale Abkommen über Kraftfahrzeugverkehr vom 24. April 1926 [SR 0.741.11]) für ungültig zu erklären". Zudem weist er auf das ebenfalls ihn betreffende Urteil 6B_724/2022 vom 16. Dezember 2022 hin und bringt vor, aufgrund der seines Erachtens unrechtmässigen Annullierung seines indischen Führerausweises sei er wegen Fahrens ohne Fahrausweis für schuldig gesprochen worden; diese Verurteilung beeinträchtige seine beruflichen Aussichten und habe unter anderem dazu geführt, dass ihm keine "C-Genehmigung" (gemeint ist wohl eine Niederlassungsbewilligung) erteilt worden sei, sodass die Schweiz verpflichtet sei, "diese Umstände zu entschädigen". 
Diese Ausführungen ermöglichen dem Bundesgericht jedoch nicht nachzuvollziehen, welche Amtshandlungen welcher Personen als schadensverursachend erachtet werden und was diesen genau vorgeworfen wird. Damit genügt die eingereichte Klageschrift den Begründungsanforderungen von Art. 23 BZP und Art. 42 Abs. 2 BGG i.V.m. Art. 1 Abs. 2 BZP nicht (vgl. im Einzelnen Urteil 2E_2/2024 vom 11. April 2024 E. 2.5 und E. 3.3 hiervor). 
 
4.2. Sollte der Kläger die von ihm genannten Urteile des Bundesgerichts als schadensverursachend erachten, ist ergänzend auf Art. 12 VG hinzuweisen, wonach die Rechtmässigkeit formell rechtskräftiger Verfügungen, Entscheide und Urteile nicht in einem Verantwortlichkeitsverfahren überprüft werden kann. Dies bedeutet, dass eine Schädigung durch einen rechtskräftigen Entscheid in der Regel keine Schadenersatzpflicht des Staates auslöst (vgl. im Einzelnen Urteil 2E_1/2018 vom 25. Oktober 2019 E. 4).  
 
5.  
Im Ergebnis ist auf die offensichtlich unzulässige bzw. unbegründete Klage (Art. 23 BZP, Art. 42 Abs. 2 BGG i.V.m. Art. 1 Abs. 2 BZP) nicht einzutreten. 
Ergänzend ist anzumerken, dass Begehren um Schadenersatz und Genugtuung im Staatshaftungsverfahren zwar unter die zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen im Sinne von Art. 6 Ziff. 1 EMRK fallen (BGE 136 II 187 E. 8.2.1; 134 I 331 E. 2.1; Urteil 2E_1/2018 vom 25. Oktober 2019 E. 2.2.1 mit weiteren Hinweisen), eine öffentliche Verhandlung im konkreten Fall jedoch nicht erforderlich ist. Denn nach der Rechtsprechung kann namentlich darauf verzichtet werden, wenn sich - wie hier - auch ohne solche prozessualen Handlungen bereits mit hinreichender Zuverlässigkeit erkennen lässt, dass eine Rechtsvorkehr offensichtlich unbegründet oder unzulässig, mithin aussichtslos ist (vgl. BGE 136 I 279 E. 1; 134 I 331 E. 2.1; 122 V 47 E. 3b/dd; Urteile 2E_2/2024 vom 11. April 2024 E. 4.1; 2E_1/2022 vom 21. April 2022 E. 4; 2E_3/2021 vom 14. März 2022 E. 2.3). 
 
6.  
Bei diesem Verfahrensausgang trägt der Kläger die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens (Art. 66 Abs. 1 BGG i.V.m. Art. 69 Abs. 1 BZP). Es werden keine Parteientschädigungen zugesprochen (Art. 68 Abs. 3 BGG i.V.m. Art. 69 Abs. 1 BZP). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Auf die Klage wird nicht eingetreten. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden dem Kläger auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 9. Juli 2024 
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Die Präsidentin: F. Aubry Girardin 
 
Die Gerichtsschreiberin: D. Ivanov