Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet. Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
 
 
Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
7B_49/2023  
 
 
Urteil vom 3. November 2023  
 
II. strafrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Abrecht, Präsident, 
Bundesrichter Hurni, Kölz, 
Gerichtsschreiber Schurtenberger. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
Statthalteramt Bezirk Zürich, 
Löwenstrasse 17, 8001 Zürich. 
 
Gegenstand 
Übertretung von Verkehrsvorschriften, Akteneinsicht, 
 
Beschwerde gegen den Beschluss des Obergerichts des Kantons Zürich, I. Strafkammer, vom 31. Januar 2023 (SU220041-O/U1/cwo). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Mit Urteil vom 29. November 2022 sprach das Obergericht des Kantons Zürich, I. Strafkammer, A.________ schuldig der Verletzung von Verkehrsregeln (Art. 90 Abs. 1 i.V.m. Art. 31 Abs. 1 SVG und Art. 3 Abs. 1 Verkehrsregelnverordnung vom 13. November 1962 [SR 741.11]) sowie des pflichtwidrigen Verhaltens bei einem Unfall (Art. 92 Abs. 1 i.V.m. Art. 51 Abs. 1 und 3 SVG) und verurteilte sie zu einer Busse von Fr. 1'200.--. Ausserdem bestätigte es das erstinstanzliche Kostendispositiv und auferlegte A.________ "die Kosten des Berufungsverfahrens". Auf die dagegen erhobene Beschwerde in Strafsachen ist das Bundesgericht mit Urteil 6B_144/2023 vom 6. April 2023 nicht eingetreten. 
 
B.  
Mit Beschluss vom 31. Januar 2023 auferlegte das Obergericht des Kantons Zürich, I. Strafkammer, A.________ "[d]ie Gebühren für die Akteneinsicht beim Forensischen Institut Zürich in der Höhe von Fr. 570.--". 
 
C.  
Dagegen erhob A.________ mit Eingabe vom 13. März 2023 beim Bundesgericht "Beschwerde in Sache des öffentlichen Rechtes" und beantragt, den angefochtenen Beschluss aufzuheben. 
Die Vorinstanz und das Statthalteramt des Bezirks Zürich haben auf eine Vernehmlassung verzichtet. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Angefochten ist ein Entscheid über die Kostenfolgen der Akteneinsicht in einem Strafverfahren. Dagegen steht die Beschwerde in Strafsachen nach Art. 78 ff. BGG offen. Angesichts des Umstands, dass das Hauptverfahren bereits abgeschlossen ist, liegt ungeachtet der Eintretensvoraussetzungen von Art. 93 BGG ein anfechtbarer Entscheid vor. Die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen sind erfüllt und geben zu keinen Bemerkungen Anlass. 
 
2.  
Die Beschwerdeführerin rügt unter anderem eine Verletzung von Art. 102 Abs. 3 StPO. Sie habe keine Anfertigung von Kopien, sondern lediglich die Gewährung von Akteneinsicht verlangt. Dies sei nicht kostenpflichtig, weshalb die Kostenauflage gegen Bundesrecht verstosse. 
 
2.1. Gemäss Art. 112 Abs. 1 lit. b BGG müssen Entscheide, die der Beschwerde an das Bundesgericht unterliegen, die massgebenden Gründe tatsächlicher und rechtlicher Art, insbesondere die Angabe der angewendeten Gesetzesbestimmungen, enthalten. Aus dem Entscheid muss klar hervorgehen, von welchem festgestellten Sachverhalt die Vorinstanz ausgegangen ist und welche rechtlichen Überlegungen sie angestellt hat (BGE 141 IV 244 E. 1.2.1; 138 IV 81 E. 2.2; 135 II 145 E. 8.2).  
 
2.2. Nach Art. 102 Abs. 3 StPO kann, wer zur (Akten-) Einsicht berechtigt ist, gegen Entrichtung einer Gebühr die Anfertigung von Kopien der Akten verlangen. Indessen äussert sich die Bestimmung nicht zur Frage, ob auch für die Gewährung der Akteneinsicht an sich Gebühren erhoben werden können.  
Die Vorinstanz begnügt sich zur Begründung der beschwerdegegenständlichen Kostenauferlegung mit dem folgenden Hinweis: "Nach Einsicht in die Kostenaufstellung des Forensischen Instituts Zürich vom 23. Januar 2023 betr. Organisation der Akteneinsicht durch die Beschuldigte nach ergangenem obergerichtlichem Urteil (Urk. 83), da diese nachträglich durch die Beschuldigte verursachten Kosten analog zur Kostenauflage gemäss Urteil vom 29. November 2022 der Beschuldigten aufzuerlegen sind [...]". 
Dem angefochtenen Entscheid lässt sich somit weder entnehmen, gestützt auf welche rechtliche Grundlage der Beschwerdeführerin nach Auffassung der Vorinstanz die Kosten für die Akteneinsicht auferlegt werden können, noch nach welchen Grundsätzen die Höhe einer solchen Gebühr zu bestimmen wäre. Unter diesen Umständen erlaubt es der angefochtene Entscheid nicht, die korrekte Rechtsanwendung zu überprüfen. 
 
2.3. Genügt ein Entscheid wie vorliegend den Anforderungen gemäss Art. 112 Abs. 1 BGG nicht, so kann das Bundesgericht ihn in Anwendung von Art. 112 Abs. 3 BGG an die kantonale Behörde zur Verbesserung zurückweisen oder aufheben. Hingegen steht es ihm nicht zu, sich an die Stelle der Vorinstanz zu setzen, die ihrer Aufgabe nicht nachgekommen ist (BGE 141 IV 244 E. 1.2.1). Die angefochtene Verfügung ist somit aufzuheben und die Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen, damit diese einen den Anforderungen von Art. 112 Abs. 1 BGG genügenden Entscheid trifft. Vor diesem Hintergrund erübrigt es sich, auf die Rügen der Beschwerdeführerin in der Sache einzugehen.  
 
3.  
Nach dem Gesagten ist die Beschwerde gutzuheissen. Der angefochtene Entscheid ist aufzuheben und die Sache zum neuen Entscheid an die Vorinstanz zurückzuweisen 
Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind keine Gerichtskosten zu erheben (Art. 66 Abs. 1 und 4 BGG). Der nicht anwaltlich vertretenen Beschwerdeführerin ist praxisgemäss keine Parteientschädigung zuzusprechen (Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird gutgeheissen. Der Beschluss des Obergerichts des Kantons Zürich, I. Strafkammer, vom 31. Januar 2023 wird aufgehoben und die Sache zum neuen Entscheid an die Vorinstanz zurückgewiesen. 
 
2.  
Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
 
3.  
Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin, dem Statthalteramt Bezirk Zürich und dem Obergericht des Kantons Zürich, I. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 3. November 2023 
 
Im Namen der II. strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Abrecht 
 
Der Gerichtsschreiber: Schurtenberger