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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
7B_391/2024  
 
 
Urteil vom 6. Juni 2024  
 
II. strafrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Abrecht, Präsident, 
Bundesrichter Hurni, Hofmann, 
Gerichtsschreiberin Lustenberger. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwältin Barbara Reitmann, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Obergericht des Kantons Nidwalden, Beschwerdeabteilung in Strafsachen, 
Marktgasse 4, Postfach 1244, 6371 Stans. 
 
Gegenstand 
Unentgeltliche Rechtspflege, 
 
Beschwerde gegen die Verfügung des Obergerichts des Kantons Nidwalden, Beschwerdeabteilung in Strafsachen, vom 21. Februar 2024 (P 24 3). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Am 21. November 2023 erstattete A.________ bei der Staatsanwaltschaft Nidwalden Strafanzeige gegen B.________ wegen einfacher Körperverletzung, evtl. Tätlichkeiten, und konstituierte sich als Straf- und Zivilkläger. Nach Beizug diverser Akten verfügte die Staatsanwaltschaft am 24. Januar 2024 die Verfahrenseinstellung. 
 
B.  
Dagegen legte A.________ Beschwerde beim Obergericht des Kantons Nidwalden ein. Für das oberinstanzliche Verfahren beantragte er die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege einschliesslich der Einsetzung einer unentgeltlichen Rechtsbeiständin. Mit Verfügung vom 21. Februar 2024 wies das Obergericht das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege ab. 
 
C.  
A.________ erhebt Beschwerde in Strafsachen und beantragt dem Bundesgericht, die Verfügung des Obergerichts sei aufzuheben und ihm sei im vorinstanzlichen Beschwerdeverfahren die unentgeltliche Rechtspflege zu erteilen. Eventualiter sei die Sache zu neuer Entscheidung an das Obergericht zurückzuweisen. Die unentgeltliche Rechtspflege sei ihm ausserdem auch für das bundesgerichtliche Verfahren zu gewähren. 
Die Vorinstanz hat auf Vernehmlassung verzichtet. 
Praxis- und antragsgemäss wurden die vorinstanzlichen Akten eingeholt. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Angefochten ist ein kantonal letztinstanzlicher Entscheid betreffend die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege in einem angestrebten Beschwerdeverfahren gegen die Einstellung einer Strafuntersuchung. Dagegen steht die Beschwerde in Strafsachen offen (Art. 78 Abs. 1 i.V.m. Art. 80 BGG). Es handelt sich um einen das kantonale Verfahren nicht abschliessenden Zwischenentscheid, der geeignet ist, einen nicht wiedergutzumachenden Nachteil im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG zu bewirken (BGE 140 IV 202 E. 2.2; Urteil 1B_549/2022 vom 17. Februar 2023 E. 1; je mit Hinweisen). Der beschwerdeführende Privatkläger ist ungeachtet der Legitimationsvoraussetzungen von Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG zur Beschwerde berechtigt, da er mit seiner Kritik an der Verweigerung der unentgeltlichen Rechtspflege eine Verletzung von Verfahrensrechten geltend macht, die einer formellen Rechtsverweigerung gleichkommt (vgl. BGE 146 IV 76 E. 2; 141 IV 1 E. 1.1; je mit Hinweisen; Urteil 1B_549/2022 vom 17. Februar 2023 E. 1). Auf die Beschwerde ist daher grundsätzlich einzutreten. 
 
2.  
 
2.1. Die Vorinstanz bezieht sich in ihren Erwägungen auf Art. 136 StPO in der Fassung, die bis Ende 2023 gegolten hat. Sie führt dabei aus, dass der Gesetzgeber die unentgeltliche Rechtspflege zugunsten der Privatklägerschaft grundsätzlich auf Fälle beschränkt habe, in denen diese Zivilansprüche geltend mache. Wenn sich die Privatklägerschaft ausschliesslich im Strafpunkt beteilige, sei die unentgeltliche Rechtspflege nach dem Willen des Gesetzgebers im Grundsatz ausgeschlossen, da der staatliche Strafanspruch prinzipiell durch den Staat wahrgenommen werde. Ausserdem sei in jedem Verfahrensstadium neu darzulegen, dass die Zivilklage nicht aussichtslos sei. Da der Beschwerdeführer keinerlei Ausführungen zu einer Zivilforderung und deren Nichtaussichtslosigkeit mache, fehle es an einer der massgeblichen Voraussetzungen für die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege im Beschwerdeverfahren.  
 
2.2. Der Beschwerdeführer rügt zu Recht, dass diese Erwägungen Art. 136 StPO in seiner neuen, seit dem 1. Januar 2024 geltenden Fassung, welche die Vorinstanz ihrem Entscheid hätte zugrundelegen müssen (Art. 454 Abs. 1 StPO), verletzt. Danach wird auch dem Opfer für die Durchsetzung (lediglich) der Strafklage auf Gesuch hin die unentgeltliche Rechtspflege gewährt, wenn dieses nicht über die erforderlichen Mittel verfügt und die Strafklage nicht aussichtslos erscheint (Art. 136 Abs. 1 lit. b StPO). Die Vorinstanz hätte daher das Gesuch des Beschwerdeführers nicht einzig mit der Begründung abweisen dürfen, er habe keine Ausführungen zu einer Zivilforderung gemacht, sondern hätte dieses auch unter dem Aspekt prüfen müssen, ob er als Opfer hinreichende Ausführungen zur fehlenden Aussichtslosigkeit der Strafklage gemacht hat. Da es nicht Aufgabe des Bundesgerichts ist, diese Frage anstelle der Vorinstanz zum ersten Mal zu beurteilen, ist die Sache an die Letztgenannte zurückzuweisen.  
 
3.  
Nach dem Gesagten ist die Beschwerde teilweise gutzuheissen und die angefochtene Verfügung aufzuheben. Die Sache ist an die Vorinstanz zur Prüfung des Gesuchs um unentgeltliche Rechtspflege nach der neuen, nunmehr geltenden Fassung von Art. 136 Abs. 1 StPO zurückzuweisen. Im Übrigen, das heisst soweit im Sinne eines reformatorischen Entscheids die direkte Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege für das kantonale Beschwerdeverfahren beantragt wird, ist die Beschwerde abzuweisen. 
Die Rückweisung zu erneutem Entscheid mit offenem Ausgang gilt hinsichtlich der Prozesskosten als vollständiges Obsiegen des Beschwerdeführers (Urteil 7B_6/2021 vom 5. März 2024 E. 9 mit Hinweisen). Dementsprechend wird das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung gegenstandslos. Es werden keine Kosten erhoben und der Kanton Nidwalden hat dem Beschwerdeführer eine angemessene Parteientschädigung zu entrichten (vgl. Art. 68 BGG). Diese ist aufgrund der unentgeltlichen Rechtspflege praxisgemäss an dessen Rechtsvertreterin auszubezahlen. 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen. Die Verfügung des Obergerichts des Kantons Nidwalden vom 21. Februar 2024 wird aufgehoben und die Sache zu neuem Entscheid an die Vorinstanz zurückgewiesen. Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen. 
 
2.  
Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
 
3.  
Der Kanton Nidwalden hat der Rechtsvertreterin des Beschwerdeführers, Rechtsanwältin Barbara Reitmann, für das bundesgerichtliche Verfahren eine Entschädigung von Fr. 1'500.-- zu bezahlen. 
 
4.  
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird gegenstandslos. 
 
5.  
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Nidwalden, Beschwerdeabteilung in Strafsachen, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 6. Juni 2024 
 
Im Namen der II. strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Abrecht 
 
Die Gerichtsschreiberin: Lustenberger