Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet. Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
 
 
Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
7B_303/2024  
 
 
Urteil vom 28. Mai 2024  
 
II. strafrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Abrecht, Präsident, 
Bundesrichter Hurni, Kölz, 
Gerichtsschreiberin Lustenberger. 
 
Verfahrensbeteiligte 
B.A.________, 
vertreten durch Rechtsanwältin Dr. Sabine Herzog, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
1. Staatsanwaltschaft Zürich-Sihl, Postfach, 8036 Zürich, 
2. C.A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Gregor Münch, 
Beschwerdegegner. 
 
Gegenstand 
Nichtanhandnahme, 
 
Beschwerde gegen die Verfügung und den Beschluss des Obergerichts des Kantons Zürich, III. Strafkammer, vom 30. Januar 2024 (UE230246-O/U). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
 
A.a. Die D.________ & Cie. in Liquidation ist eine seit dem 28. Dezember 1959 im Handelsregister des Kantons Zürich eingetragene Kommanditgesellschaft. Nach dem Tod des unbeschränkt haftenden Gesellschafters bzw. Komplementärs A.A.________ löste sich die Gesellschaft auf. Mit Urteil vom 5. Dezember 2018 setzte das Handelsgericht des Kantons Zürich B.A.________, Witwe von A.A.________, als Liquidatorin mit Einzelunterschrift ein. Einziger Kommanditär ohne Zeichnungsberechtigung ist C.A.________, Sohn von B.A.________ und A.A.________.  
 
A.b. C.A.________ erstattete am 17. September 2021 Strafanzeige gegen B.A.________ wegen Veruntreuung und/oder ungetreuer Geschäftsbesorgung. Er wirft ihr vor, durch angeblich nicht gerechtfertigte Privatentnahmen und weitere nicht nachvollziehbare Ausgaben seinen Anspruch am Liquidationserlös der D.________ & Cie. in Liquidation und die Rückzahlung der Kommanditsumme von Fr. 10'000.-- an ihn vereitelt zu haben.  
Nachdem die mit der Sache betraute Staatsanwaltschaft Zürich-Sihl bei B.A.________ eine Stellungnahme zur Strafanzeige eingeholt, C.A.________ einen unentgeltlichen Rechtsbeistand bestellt und der Verteidigung die Vereinbarung eines Einvernahmetermins in Aussicht gestellt hatte, verfügte sie am 8. Juni 2023 die Nichtanhandnahme der Strafuntersuchung. 
 
B.  
Mit Verfügung und Beschluss vom 30. Januar 2024 hiess das Obergericht des Kantons Zürich die Beschwerde von C.A.________ gegen die Nichtanhandnahmeverfügung gut, hob diese auf und wies die Sache zur Neubeurteilung im Sinne der Erwägungen an die Staatsanwaltschaft zurück. 
Das Obergericht bejahte vorab die Geschädigtenstellung und Beschwerdelegitimation von C.A.________ und kam zum Schluss, dass die angefochtene Nichtanhandnahmeverfügung in Verletzung von dessen rechtlichem Gehör ergangen sei. Die Staatsanwaltschaft hätte aufgrund der faktisch bereits eröffneten Strafuntersuchung statt einer Nichtanhandnahme- eine Einstellungsverfügung erlassen und dies den Parteien vorgängig ankündigen müssen, unter gleichzeitiger Ansetzung einer Frist zur Stellung von Beweisanträgen. Ferner würden die materiellen Ausführungen der Staatsanwaltschaft zu einer angeblichen Ersatzbereitschaft von B.A.________ und damit zu einer fehlenden Bereicherungsabsicht beim aktuellen Verfahrensstand nicht überzeugen. 
 
C.  
Mit Beschwerde in Strafsachen beantragt B.A.________ dem Bundesgericht sinngemäss, der Beschwerdeentscheid sei aufzuheben und auf die kantonale Beschwerde gegen die Nichtanhandnahmeverfügung sei nicht einzutreten, eventualiter sei diese abzuweisen. 
Es wurden die kantonalen Akten, nicht aber Vernehmlassungen eingeholt. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Das Bundesgericht prüft von Amtes wegen und mit freier Kognition, ob eine eingereichte Beschwerde zulässig ist (BGE 148 IV 155 E. 1.1 mit Hinweisen). Der angefochtene Rückweisungsbeschluss schliesst das Verfahren nicht ab, womit er entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin auch in Bezug auf die Geschädigtenstellung von C.A.________ (Beschwerdegegner 2) keinen Endentscheid nach Art. 90 BGG darstellt. Da er weder die Zuständigkeit noch ein Ausstandsbegehren im Sinne von Art. 92 BGG betrifft, handelt es sich um einen selbstständig eröffneten Vor- und Zwischenentscheid gemäss Art. 93 BGG.  
 
1.2. Gegen andere selbstständig eröffnete Vor- und Zwischenentscheide ist die Beschwerde nach Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG nur zulässig, wenn diese einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken können. Der Nachteil muss rechtlicher Natur sein, was voraussetzt, dass er sich auch mit einem späteren günstigen Endentscheid nicht oder nicht gänzlich beseitigen lässt. Diese Regelung stützt sich auf die Verfahrensökonomie. In seiner Funktion als oberstes Gericht soll sich das Bundesgericht grundsätzlich nur ein Mal mit einem Verfahren beschäftigen müssen, und dies nur dann, wenn sicher ist, dass die beschwerdeführende Partei tatsächlich einen endgültigen Nachteil erleidet. Rein tatsächliche Nachteile wie eine Verfahrensverlängerung oder -verteuerung reichen nicht aus. Letztinstanzliche kantonale Rückweisungsentscheide bewirken in der Regel keinen nicht wieder gutzumachenden Nachteil im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG (BGE 148 IV 155 E. 1.1; 144 IV 321 E. 2.3; je mit Hinweisen). Nach Art. 42 Abs. 1 BGG muss die Beschwerdeführerin die Tatsachen darlegen, aus denen sich ihre Beschwerdeberechtigung und der nicht wieder gutzumachende Nachteil ergeben sollen, sofern dies nicht offensichtlich ist (BGE 141 IV 284 E. 2.3, 289 E. 1.3; je mit Hinweisen).  
 
1.3.  
 
1.3.1. Zur Begründung eines nicht wieder gutzumachenden Nachteils macht die Beschwerdeführerin zunächst Folgendes geltend: Der angefochtene Entscheid führe dazu, dass die Staatsanwaltschaft verpflichtet werde, den Beschwerdegegner 2 (zu Unrecht) als Geschädigten zu qualifizieren und ihn als Partei ins Verfahren aufzunehmen. Es gebe in der vorliegenden Konstellation kein nachfolgendes, günstiges Urteil, das die unrechtmässige Teilnahme einer Person am Strafverfahren beheben könnte.  
 
1.3.2. Dieses Vorbringen ist nicht stichhaltig. Zum einen kann die Beschwerdeführerin die Stellung der Privatklägerschaft im allfälligen Hauptverfahren noch einmal bestreiten (vgl. Urteil 7B_151/2023 vom 13. Oktober 2023 E. 1.4). Zum anderen genügen die rein faktischen Nachteile, die aus der Beteiligung der zugelassenen Privatklägerschaft resultieren mögen (etwa Verlängerung oder Verkomplizierung des Verfahrens), nach der Rechtsprechung grundsätzlich nicht (Urteil 6B_231/2008 vom 27. April 2009 E. 1.2 mit Hinweisen; vgl. zum Ganzen: Mazzuchelli/Postizzi, in: Basler Kommentar, Schweizerische Strafprozessordnung, 3. Aufl. 2023, N. 12e zu Art. 118 StPO). Gründe, weshalb dies vorliegend anders sein sollte, sind nicht ersichtlich.  
 
1.4.  
 
1.4.1. Weiter bringt die Beschwerdeführerin vor, der angefochtene Entscheid enthalte "verbindliche materiellrechtliche Vorgaben", indem die Staatsanwaltschaft gezwungen werde, den Beschwerdegegner 2 als Geschädigten am Verfahren zu beteiligen, was einen nicht wiedergutzumachenden Nachteil darstelle.  
 
1.4.2. Auch diese Argumentation verfängt nicht. Das Bundesgericht bejaht zwar in ständiger Rechtsprechung einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG, wenn die Staatsanwaltschaft durch eine Rückweisung gezwungen wird, einer von ihr als falsch erachteten Weisung Folge zu leisten, ohne dass sie dies später anfechten kann (anstatt vieler: BGE 144 IV 377 E. 1, 321 E. 2.3; Urteile 1B_271/2021 vom 1. April 2022 E. 1.3.1; 1B_103/2019 vom 10. Januar 2020 E. 1, nicht publ. in: BGE 146 IV 145). Diese Rechtsprechung bezieht sich indessen nur auf den Nachteil, den die Staatsanwaltschaft in solchen Fällen erleidet. Die Beschwerdeführerin als Beschuldigte kann sich nicht darauf berufen.  
 
1.5.  
 
1.5.1. Schliesslich beruft sich die Beschwerdeführerin auf Art. 93 Abs. 1 lit. b BGG und macht geltend, bei Gutheissung der Beschwerde und Verneinung der Geschädigten- und folglich Parteistellung des Beschwerdegegners 2 als Privatkläger könne sofort ein Endentscheid herbeigeführt werden. Bliebe es dementsprechend bei der Nichtanhandnahme, entfielen ein Beweisverfahren sowie die Aufnahme einer unzulässigen Strafuntersuchung. Damit würden in substanziellem Umfang Aufwand, Zeit und Kosten eingespart.  
 
1.5.2. Auch dieser Auffassung kann nicht gefolgt werden. Zwar würde eine Gutheissung der Beschwerde das Verfahren definitiv mit einer Nichtanhandnahme abschliessen. Art. 93 Abs. 1 lit. b BGG verlangt jedoch, dass mit der Beschwerdegutheissung ein bedeutender Aufwand an Zeit oder Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren eingespart würde. Diese Voraussetzung wird, besonders im Bereich des Strafrechts, restriktiv ausgelegt (BGE 134 III 426 E. 1.3.2; 133 IV 288 E. 3.2). Die Aufwendungen müssen über diejenigen eines gewöhnlichen Strafverfahrens hinausgehen. Dies kann insbesondere der Fall sein, wenn ein komplexes oder gar mehrere Gutachten eingeholt, zahlreiche Zeugen befragt oder rogatorische Einvernahmen im entfernteren Ausland durchgeführt werden müssten (Urteile 1C_117/2024 vom 8. März 2024 E. 5.1; 6B_1232/2022 vom 20. Dezember 2022 E. 3.2; je mit Hinweisen). Vorliegend wird nicht geltend gemacht, dass die Verfahrensdurchführung aussergewöhnliche Kosten verursachen könnte oder dass besonders aufwändige Beweismassnahmen zu erwarten wären. Vielmehr führt die Beschwerdeführerin an anderer Stelle selber aus, dass alle Beweise im Rahmen des Beschwerdeverfahrens erhoben und gewürdigt werden könnten, was einen ausserordentlich grossen Verfahrensaufwand im Sinne des Gesagten ausschliesst. Folglich kann auch unter dem Titel von Art. 93 Abs. 1 lit. b BGG nicht auf die Beschwerde eingetreten werden.  
 
2.  
Die Eintretensvoraussetzungen von Art. 93 Abs. 1 BGG sind insgesamt nicht erfüllt, weshalb auf die Beschwerde nicht einzutreten ist. 
Die Gerichtskosten sind bei diesem Verfahrensausgang der Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Dem Beschwerdegegner 2 sind im Verfahren vor Bundesgericht keine entschädigungswürdigen Nachteile (vgl. Art. 68 Abs. 2 BGG) entstanden. 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 1'200.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, III. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 28. Mai 2024 
 
Im Namen der II. strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Abrecht 
 
Die Gerichtsschreiberin: Lustenberger