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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
5A_415/2024  
 
 
Urteil vom 10. Juli 2024  
 
II. zivilrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Herrmann, Präsident, 
Bundesrichter von Werdt, Bovey, 
Gerichtsschreiber Zingg. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
B.________, 
vertreten durch Fürsprecher Michael Ueltschi, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Erbschaftsklage (Abschreibungsverfügung und Revision), 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts des Kantons Bern, 1. Zivilkammer, vom 23. Mai 2024 
(ZK 24 151). 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Die Beschwerdeführerin reichte am 11. Dezember 2019 bei der Schlichtungsbehörde Berner Jura-Seeland ein Schlichtungsgesuch gegen die Beschwerdegegnerin und ihre Mutter ein. Streitgegenstand bildete der Nachlass des verstorbenen Vaters. Am 4. September 2020 verstarb die Mutter und hinterliess als gesetzliche Erbinnen die Beschwerdeführerin und die Beschwerdegegnerin. Am 3. September 2021 reichte die Beschwerdeführerin gegen die Beschwerdegegnerin ein Schlichtungsgesuch betreffend den Nachlass der verstorbenen Mutter ein. Die Schlichtungsbehörde vereinigte die beiden Verfahren und führte sie mit der Beschwerdeführerin und der Beschwerdegegnerin als einzigen Parteien fort.  
An der Schlichtungsverhandlung vom 25. August 2023 schlossen die Parteien eine Vereinbarung mit Widerrufsvorbehalt. Mit Verfügung vom 29. September 2023 stellte die Schlichtungsbehörde fest, dass keine der Parteien die Vereinbarung widerrufen habe, womit diese in Rechtskraft erwachse. Die Schlichtungsbehörde hielt ausserdem fest, dass die Schlichtungsverfahren bis zum Abschluss von grundbuchlichen Eintragungen sistiert blieben. 
Mit Eingaben vom 13. und 25. März 2024 machte die Beschwerdeführerin bei der Schlichtungsbehörde geltend, sie akzeptiere die Vereinbarung vom 25. August 2023 nicht, diese sei nichtig. Die "Falschbeurkundung" im Erbschaftsinventar sei gemäss dem Entscheid des Obergerichts vom 2. Dezember 2019 zu korrigieren und die Schlichtungsverhandlung mit dem korrigierten Erbschaftsinventar zu wiederholen. 
Mit Verfügung vom 2. April 2024 hob die Schlichtungsbehörde die Sistierung auf. Sie nahm die Vereinbarung vom 25. August 2023 zu Protokoll und hielt fest, diese sei vollstreckbar. Sie schrieb die Schlichtungsverfahren als erledigt vom Protokoll ab. Die Kosten der Schlichtungsverfahren auferlegte sie den Parteien vereinbarungsgemäss je zur Hälfte. Mit Entscheid vom gleichen Tag trat die Schlichtungsbehörde auf das sinngemässe Revisionsgesuch der Beschwerdeführerin gemäss den Eingaben vom 13. und 25. März 2024 nicht ein. Die Kosten auferlegte sie der Beschwerdeführerin. 
 
1.2. Am 14. April 2024 erhob die Beschwerdeführerin beim Obergericht des Kantons Bern Beschwerde gegen die Verfügung und den Entscheid der Schlichtungsbehörde vom 2. April 2024. Mit Eingabe vom 2. Mai 2024 ergänzte sie die Beschwerde.  
Mit Entscheid vom 23. Mai 2024 trat das Obergericht auf die Beschwerde nicht ein. 
 
1.3. Am 27. Juni 2024 (Postaufgabe) hat die Beschwerdeführerin Beschwerde an das Bundesgericht erhoben. Sie verlangt, das Erbschaftsinventar ihrer Mutter vom 17. September 2021 sei zu korrigieren und die Schlichtungsverhandlung auf Basis des neuen Erbschaftsinventars zu wiederholen. Die Kosten sämtlicher Verfahren seien dem fehlbaren Notar aufzuerlegen.  
 
2.  
Nach Art. 42 Abs. 2 BGG ist in der Beschwerdebegründung in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Akt Recht verletzt. Die beschwerdeführende Partei hat in gezielter Auseinandersetzung mit den für das Ergebnis des angefochtenen Entscheides massgeblichen Erwägungen aufzuzeigen, welche Rechte bzw. Rechtsnormen die Vorinstanz verletzt haben soll (BGE 140 III 86 E. 2; 140 III 115 E. 2). Der vorinstanzlich festgestellte Sachverhalt ist für das Bundesgericht grundsätzlich verbindlich (Art. 105 Abs. 1 BGG). Die unrichtige Feststellung des Sachverhalts kann nur unter den Voraussetzungen von Art. 97 Abs. 1 BGG gerügt werden (vgl. BGE 140 III 16 E. 1.3.1; 140 III 264 E. 2.3). Soweit ein Entscheid auf mehreren selbständigen alternativen Begründungen beruht, ist für jede einzelne darzutun, weshalb sie Recht verletzt (BGE 133 IV 119 E. 6.3). Dies gilt insbesondere dann, wenn eine Haupt- und eine Eventualerwägung vorliegen (BGE 139 II 233 E. 3.2). 
 
3.  
 
3.1. Das Obergericht hat zunächst erwogen, es sei nicht klar, ob sich die Beschwerde auch gegen die Vereinbarung vom 25. August 2023 und die Verfahrensabschreibung richte. Sollte dies der Fall sein, wäre darauf nicht einzutreten, da dafür die Beschwerde nicht zur Verfügung stehe. Die Beschwerde stehe aber gegen den in der Abschreibungsverfügung enthaltenen Kostenpunkt offen sowie gegen den Entscheid der Schlichtungsbehörde über das Revisionsgesuch.  
Das Obergericht hat sodann die Erwägungen der Schlichtungsbehörde wiedergegeben. Demnach hätten sich die Parteien umfassend über die Erbteilung geeinigt. Der Vergleich sei nach Ablauf der Widerrufsfrist von dreissig Tagen am 25. September 2023 gültig zustande gekommen und verbindlich. Im Zeitpunkt der Eingabe vom 13. März 2024 sei die 90-tägige Revisionsfrist abgelaufen gewesen, weshalb das Revisionsgesuch verspätet und darauf nicht einzutreten sei. Die von der Beschwerdeführerin aufgeführten Umstände seien im Zeitpunkt des Abschlusses der Vereinbarung schon bekannt gewesen, da der Entscheid des Obergerichts am 2. Dezember 2019 ergangen und das Erbschaftsinventar am 17. September 2021 erstellt worden sei. Es lägen demnach keine neuen Tatsachen vor. Die Nichtigkeit oder Ungültigkeit eines Geschäfts falle im Übrigen von vornherein weg, wenn die Parteien die Ungewissheit über ein bestehendes Rechtsverhältnis durch gegenseitige Zugeständnisse beilegten, indem sie eine Vereinbarung abschlössen. Das Revisionsgesuch wäre daher abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden könnte. 
Das Obergericht hat sodann erwogen, die Beschwerdeführerin setze sich in ihrer Beschwerde nicht ansatzweise mit der angefochtenen Verfügung bzw. dem angefochtenen Entscheid auseinander. Die vorgebrachten Noven seien unzulässig. Die Beschwerde genüge den Begründungsanforderungen nicht, weshalb darauf nicht einzutreten sei. 
 
3.2. In einer Eventualerwägung hat das Obergericht festgehalten, dass die Beschwerde abzuweisen wäre, wenn auf sie eingetreten werden könnte. Hinsichtlich der Abschreibungsverfügung wäre einzig der Kostenpunkt anfechtbar und es sei nicht zu beanstanden, dass sich die Schlichtungsbehörde bei der Verlegung der Kosten auf den Vergleich gestützt habe. Hinsichtlich der Revision behaupte die Beschwerdeführerin nicht, dass sie seit dem Abschluss der Vereinbarung bzw. seit dem Ablauf der Widerrufsfrist einen Irrtum entdeckt hätte. Vielmehr habe sie offenbar bereits vor dem Abschluss des Vergleichs Kenntnis vom aus ihrer Sicht fehlerhaften Erbschaftsinventar gehabt. Die Schlichtungsbehörde habe zu Recht festgehalten, dass die Frist zur Anfechtung des Vergleichs im März 2024 bereits abgelaufen gewesen sei. Zudem sei kein Willensmangel ersichtlich. Die Beschwerdeführerin und ihr Rechtsanwalt seien über die geltend gemachten Fehler im Erbschaftsinventar vor der Schlichtungsverhandlung im Bilde gewesen. Sie hätten den Vergleich dessen ungeachtet abgeschlossen und nicht widerrufen.  
 
4.  
Vor Bundesgericht macht die Beschwerdeführerin zunächst geltend, sie habe ein Recht auf ein faires Verfahren. Inwieweit das kantonale Verfahren nicht fair gewesen sein soll, legt sie jedoch nicht dar. Sie geht sodann nicht darauf ein, dass ihre Beschwerde an das Obergericht mangelhaft begründet war. Ihre Beschwerde an das Bundesgericht scheitert bereits an der mangelnden Auseinandersetzung mit dieser Haupterwägung des Obergerichts (vgl. oben E. 2). Ihre Ausführungen betreffen einzig das angeblich mangelhafte Inventar und damit sinngemäss die obergerichtliche Eventualerwägung. Sie macht zusammengefasst geltend, sie habe eine Forderung aus vernachlässigtem Liegenschaftsunterhalt, die der Notar nicht in die Passiven des Erbschaftsinventars aufgenommen habe. Ihr Rechtsvertreter habe von einer Korrektur des Erbschaftsinventars nichts wissen wollen, obschon sie ihn darauf aufmerksam gemacht habe. Bereits mit Mail vom 20. September 2023 habe sie ihren Anwalt aufgefordert, die Wiederholung der Schlichtungsverhandlung zu beantragen. Ihre vorgängigen Anwälte und Anwältinnen hätten sie durch fehlende Unterstützung betrogen. Mit all dem stellt sie bloss die Sachlage aus ihrer eigenen Sicht dar, ohne eine genügende Sachverhaltsrüge (Art. 97 Abs. 1 BGG) zu erheben oder darzulegen, inwiefern das Obergericht Recht verletzt haben soll. Eine Auseinandersetzung mit den obergerichtlichen Erwägungen fehlt. Im Übrigen geht aus ihren Ausführungen in Übereinstimmung mit dem angefochtenen Entscheid hervor, dass sie vor Abschluss des Vergleichs um den angeblichen Fehler im Inventar wusste. 
Die Beschwerde enthält keine hinreichende Begründung. Auf sie ist nicht einzutreten. 
 
5.  
Bei diesem Ausgang des Verfahrens trägt die Beschwerdeführerin die Gerichtskosten (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Bern, 1. Zivilkammer, mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 10. Juli 2024 
 
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Herrmann 
 
Der Gerichtsschreiber: Zingg